"Lindner fehlt es an Demut" Özdemir greift FDP scharf an
25.11.2017, 13:07 Uhr
Cem Özdemir sieht Deutschland nicht in der Staatskrise.
(Foto: dpa)
Eigentlich wollten die Grünen auf ihrem Parteitag die Weichen in Richtung Jamaika-Koalition stellen. Doch daraus wird nichts. Parteichef Özdemir nennt die FDP als Schuldige. Die Ökopartei steht hinsichtlich einer Regierungsbildung weiter bereit.
Der Co-Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, hat die Gesprächsbereitschaft seiner Partei in der schwierigen Phase der Regierungsbildung hervorgehoben. "Wir sind bereit zu Gesprächen mit allen demokratischen Parteien und bereit zu Kompromissen, die Deutschland und Europa voranbringen", sagte Özdemir auf dem Grünen-Parteitag in Berlin.
Für das Scheitern der Gespräche für eine Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Grünen machte Özdemir vor allem die FDP verantwortlich. Die FDP sei schon 2013 an sich selbst gescheitert, "so wie sie jetzt wieder gescheitert ist." FDP-Chef Christian Lindner fehle es an der "notwendigen Demut". Der Ausstieg der FDP aus den Verhandlungen sei nicht inhaltlich, sondern taktisch begründet gewesen.
Ungeachtet der bisher gescheiterten Regierungsbildung sei die Bundesrepublik nicht in einer Staatskrise. "Deutschland 2017 ist ganz sicher nicht Weimar", sagte Özdemir. Das Land sei aber nicht nur für sich selbst verantwortlich, sondern sei auch Stabilitätsanker für liberale Demokratie und Klimaschutz in Europa. Deshalb sei es bedauerlich, dass der französische Präsident Emmanuel Macron aus Berlin bisher keine Antwort auf seine Reformvorschläge bekommen habe.
Ausdrücklich rechtfertige Özdemir das Agieren der Grünen-Delegation, die in den wochenlangen Verhandlungen weitreichende Zugeständnisse gemacht hatte. "Es gibt keinen Grund sich zu schämen, das Ganze hätte sich sehr gelohnt." So habe es ein Angebot beim für die Grünen wichtigen Thema Kohleausstieg gegeben. Özdemir bekräftigte zugleich: "Wir hätten nicht zugestimmt, ohne dass im Gesamtpaket auch der Familiennachzug drin ist."
Fraktionschef Anton Hofreiter rief seine Partei dazu auf, in den kommenden vier Jahren solidarisch für ihre Ziele und für eine weitere Stärkung der Partei zu kämpfen. "Wir sind die letzte handlungsfähige progressive linke Partei, die es in diesem Land gibt", sagte er. Die Grünen müssten bei den nächsten Wahlen "so stark sein, dass niemand mehr an uns vorbeikommt". Der FDP warf Hofreiter vor, bei den Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition versucht zu haben, die CSU rechts zu überholen und sich als europafeindliche Partei zu profilieren.
Peter rechnet mit Großer Koalition
Özdemirs Kollegin Simone Peter äußerte die Erwartung, dass es zu einer Großen Koalition kommen werde. Sie habe den Eindruck, dass die SPD acht Wochen nach der Bundesgaswahl genug von der Opposition habe und doch wieder in den "Schoß" von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückkehren werde.
Die Grünen wollen auf ihrem eintägigen Parteitag die Bundestagswahl und die geplatzten Jamaika-Sondierungen aufarbeiten. Die 14 Mitglieder des Sondierungsteams bekommen Gelegenheit, den rund 850 Delegierten aus ganz Deutschland von den Verhandlungen mit Union und FDP zu berichten.
Eigentlich wollte der Parteitag entscheiden, ob die Grünen auf Basis der Sondierungsergebnisse Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Nach dem Abbruch der Gespräche durch die FDP hat sich das erledigt.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP