Wien kündigt "Baumaßnahmen" an Passauer Landrat sendet Alarmruf an Merkel
27.10.2015, 20:31 Uhr
Ein Flüchtlingskind wartet an der Grenze zwischen Österreich und Slowenien auf die Weiterfahrt.
(Foto: dpa)
CSU-Chef Seehofer fordert vehement eine neue Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Nun schickt auch ein bayerischer Landrat einen alarmierenden Brief an Kanzlerin Merkel. Das viel kritisierte Österreich will derweil Sperren nach Slowenien errichten.
Wegen der Flüchtlingslage im deutsch-österreichischen Grenzgebiet hat der Passauer Landrat Franz Meyer einen Alarmruf an Bundeskanzlerin Angela Merkel gerichtet. "Der aktiven Flüchtlings-Schleusung durch die österreichischen Behörden muss sofort Einhalt geboten werden", schrieb der CSU-Politiker in einem Brief an die Kanzlerin. "Wir können sonst für Leib und Leben der Flüchtlinge nicht mehr garantieren."
Meyer sieht die derzeitige österreichische Flüchtlingspraxis zentral aus Wien gesteuert. Er habe auch Oberösterreich um Unterstützung gebeten, um Druck auf die Regierung in Wien auszuüben. Auch die bayerische CSU-Landesregierung hatte den Nachbarn Österreich wegen des Weiterleitens von Flüchtlingen in großer Zahl an die deutsche Grenze ungewöhnlich scharf kritisiert.
Absperrung überrannt
Im niederbayerischen Wegscheid waren in der Nacht rund 3000 Flüchtlinge angekommen. Mehr als 1000 Migranten hatten die Absperrung der Bundespolizei überrannt und waren in der Dunkelheit auf der Bundesstraße in Richtung Passau marschiert. Szenen wie diese mit zahlreichen, ohne Vorwarnung ankommenden Flüchtlingen dürften sich keinesfalls wiederholen, hieß es laut "Süddeutscher Zeitung" aus der bayerischen Landesregierung. Der Bund müsse umgehend handeln. Seehofer hatte zuvor gesagt, bis Sonntag werde er noch abwarten, ob bayerische Forderungen nach Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung in Berlin Gehör fänden. Merkel wies das Ultimatum jedoch zurück.
Die Parteivorsitzenden der Großen Koalition wollen am Wochenende über die Flüchtlingspolitik und die kritische Lage an der Grenze zu Österreich beraten. An diesem Samstag treffen sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zunächst Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer. Am Sonntag wollen beide mit dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel zusammenkommen.
Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kündigte angesichts der chaotischen Zustände Sperren an der Grenze zu Slowenien an. "Ich habe Planungen für besondere bauliche Maßnahmen in Auftrag gegeben", sagte sie der Nachrichtenagentur APA zufolge. Es gehe aber nicht darum, einen Zaun von Ungarn bis Slowenien zu errichten, sondern, einen geordneten Übertritt vieler Personen zu ermöglichen.
"Feste, technische Sperren"
Einen Zeitpunkt für die Umsetzung sowie die Art der Maßnahmen nannte sie nicht. In der österreichischen Tageszeitung "Krone" wurde die Ministerin präziser: "In diesem Szenario geht es auch um feste, technische Sperren mehrere Kilometer links und rechts des Grenzübergangs." Es gehe aber nicht darum, die Grenzen dichtzumachen.
Innerhalb der rot-schwarzen Koalition in Wien hatte es zuletzt unterschiedliche Stoßrichtungen in der Diskussion über den Umgang mit Flüchtlingen gegeben. Während Bundeskanzler Werner Faymann von der SPÖ mehrfach das Recht auf Asyl betonte, brachte die konservative ÖVP immer wieder schärfere Maßnahmen an den Grenzen ins Gespräch.
Nach wie vor kommen täglich Tausende Flüchtlinge über den österreichisch-slowenischen Grenzübergang in Spielfeld. "Wir haben jeden Tag mehr Zufluss im Süden als Abfluss Richtung Norden", sagte Mikl-Leitner. Bislang könne die Situation noch bewältigt werden. Die Lage könnte sich aber in den kommenden Wochen weiter verschärfen. "Das ist stark wetterabhängig. Auf dieses Szenario müssen wir vorbereitet sein."
Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa