Politik

Kathrin Oertel zieht sich zurück Pegida zerfällt am Stammtisch-Prinzip

Weder Lutz Bachmann noch Kathrin Oertel werden Pegida in Zukunft anführen.

Weder Lutz Bachmann noch Kathrin Oertel werden Pegida in Zukunft anführen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es war eine Frage der Zeit, bis sich Pegida selbst zerlegt. Es reicht halt nicht, laut auf den Tisch zu hauen.

Wenn Muslime in Deutschland aufeinander losgehen, muss man die Muslime loswerden, und das Problem ist erledigt. Wer die Muslime loswerden möchte, der tut sich zusammen und geht gegen sie auf die Straße. Und wenn die Politiker nicht hören wollen, muss man eben mehr Druck machen. So einfach erschien die Welt an einem Stammtisch in Dresden, irgendwann Mitte Oktober 2014. Pegida war geboren.

Die PR-Strategie zu Beginn war genial: Pegida zog schweigend durch die Straßen und weckte damit die Neugier von Passanten, Medien und Politikern. Einige von ihnen konnten es nicht lassen, die Bewegung zu beleidigen – und verschafften ihr damit noch mehr Zulauf. Das Wachstum erzeugte neue Neugier und schließlich waren es laut Polizei 25.000 Menschen, die meinten, wenn sie nur laut genug auf den Tisch hauten, würde sich die Politik in ihrem Sinne ändern.

Doch das funktioniert eben nur in Phantasien, wie es sie am Stammtisch gibt. In Wirklichkeit funktioniert es nicht. In Wirklichkeit braucht man für eine politische Bewegung auch eine politische Idee. Zuerst gab es so etwas gar nicht, dann 19 hingeschmierte Punkte, dann sechs Kernforderungen. Nichts davon war konkret genug, um als politische Forderung durchzugehen.

Die Pegida-Demonstranten fühlten sich schon allein deswegen stark, weil sie immer mehr wurden. Doch dass sie von einer gemeinsamen Idee geeint würden, war immer eine Illusion. Die Forderungen von Pegida waren so unkonkret, die Redner so unterschiedlich, dass sich viele angesprochen fühlten – vom politikverdrossenen Rentner bis zum radikalen Rassisten.

Pegida hatte das ursprüngliche Ziel, zu einer mindestens deutschlandweiten Bewegung zu werden, schon lange verfehlt. Nun hat sich auch die Dresdner Führung der Kern-Pegida gespalten. Damit ist Pegida Geschichte: Es fehlt eine Führungsfigur, das Wachstum ist gestoppt, die Stimmung war schon am vergangenen Sonntag abgekühlt, die nächste Demo muss ausfallen.

Glaubt man einem Bericht des Stern, hat die Spaltung mit der Frage der Fremdenfeindlichkeit zu tun: Kathrin Oertel wollte die Bewegung vom offensichtlichen Rassismus ihres Mitstreiters Lutz Bachmann befreien. Andere im Organisationsteam hatten offenbar kein Problem damit, dass einer von ihnen Muslime als "Gelumpe", "Dreckspack" und "Viehzeug" bezeichnet hatte.

Am Stammtisch muss man sich mit solchen Differenzen nicht beschäftigen. Dort zwingt einen niemand dazu, konkret zu werden. In einer politischen Bewegung kann man aber nicht dauerhaft darüber hinwegsehen.

Quelle: ntv.de

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