Politik

Im "War Room" zurück zur Macht? Wie Bannon am Trump-Comeback arbeitet

Steve Bannon will, dass Trump ins Weiße Haus zurückkehrt.

Steve Bannon will, dass Trump ins Weiße Haus zurückkehrt.

(Foto: picture alliance / Getty Images North America)

Joe Biden ist kein ganzes Jahr als US-Präsident im Amt, seine Gegner formieren sich aber schon für die nächste Wahl. Gut möglich, dass sein Vorgänger Donald Trump dann erneut antritt. Dabei helfen könnte ihm ein alter Bekannter mit einem Podcast.

Dass Donald Trump 2016 die Präsidentschaftswahl gegen Hillary Clinton gewinnen konnte, hat er nicht nur seinen Wählern zu verdanken. Den Grundstein für den lange nicht für möglich gehaltenen Sieg hat vor allem ein Mann gelegt: Steve Bannon - der ehemalige Chef der rechten Nachrichtenseite "Breitbart" und spätere Trump-Berater. Im ersten halben Jahr von Trumps Präsidentschaft war Bannon Chefstratege im Weißen Haus, also Trumps oberster Berater.

Doch nach und nach ging der Stern des früheren Filmproduzenten langsam unter. Schulden in Millionenhöhe wurden öffentlich, Bannon verließ das Weiße Haus im August 2017. Drei Jahre später wurde er unter anderem wegen Betruges verhaftet und angeklagt. Er kam jedoch auf Kaution frei und wurde am 20. Januar dieses Jahres von Donald Trump vollständig begnadigt, an dessen letztem Tag als US-Präsident.

Seitdem kann Steve Bannon wieder schalten und walten wie er will. Und an Trumps Rückkehr ins Weiße Haus arbeiten. Er agiert ähnlich wie zu seiner Zeit als Breitbart-Chef, nur das Format ist ein anderes. In seinem Podcast "War Room" provoziert, polemisiert und radikalisiert Bannon seine Zuhörer. "Es ist das rechtskonservative Ökosystem, von dem wir sprechen", verdeutlicht Klaus Kamps, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart, im ntv-Podcast "Wieder was gelernt".

Provokation, Polemik, Radikalisierung

Innerhalb dieses "rechtskonservativen Medien-Ökosystems" sei das Format "sehr gut platziert". Beim Blick auf die gesamten USA von "erfolgreich" zu sprechen, sei jedoch etwas hoch gegriffen, meint Kamps, der als einer der profiliertesten deutschsprachigen Experten für politische Kommunikation in den USA gilt. "Das System lebt auch davon, dass man sich innerhalb dieser Blase gegenseitig in seinen Podcasts und Youtube-Sendungen besucht, sich gegenseitig stützt, dieselbe Sprache spricht. Das ist der Bereich, der sich immer noch sehr stark mit der Bewegung 'Make-America-Great-Again' identifiziert und diese vorantreibt."

Die Wurzeln des Formats "War Room" liegen im Herbst 2019, als das erste Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump lief. Damals startete Bannon eine Radiosendung mit dem Namen "War Room: Impeachment". Mittlerweile ist daraus ein reines Podcast-Format geworden, dreimal pro Tag erscheinen neue Folgen. Seit Mitte 2020 trägt die Show den Titel "War Room: Pandemic". Die Corona-Politik spielt seitdem wenig überraschend die Hauptrolle in den Sendungen. Außerdem wird die Lüge der angeblich gefälschten Präsidentschaftswahl durchgekaut. Und deshalb rief Bannon am Tag vor dem Sturm auf das Kapitol im Januar dieses Jahres "alle Patrioten" dazu auf, nach Washington zu kommen. Im Podcast kündigte er an, dass die "Hölle ausbrechen wird".

Seine Rolle beim Kapitolsturm beschäftigt mittlerweile auch den Untersuchungsausschuss im US-Repräsentantenhaus. Weil Bannon aber gleich zweimal eine Vorladung zur Aussage im Ausschuss ignoriert hatte, wurde er vergangene Woche angeklagt. Anfang dieser Woche erschien er zur Anklageerhebung. Bannon wurde einem Bundesrichter vorgeführt. Dieser ließ ihn unter Auflagen frei. Er muss noch in dieser Woche erneut vor Gericht erscheinen.

Die Ausschreitungen am 6. Januar und Bannons Worte im Vorfeld waren zudem für Youtube der Grund, den "War-Room"-Kanal zu sperren. Bereits Ende voriges Jahr hatte Twitter den Stecker gezogen. Nachdem sich Bannon im Podcast gewünscht hatte, den obersten Epidemiologen der USA, Anthony Fauci, und FBI-Chef Christopher Wray aufzuspießen und ihre Köpfe an den Ecken des Weißen Hauses aufzuhängen.

In den USA einer der beliebtesten Politik-Podcasts

Auf anderen Plattformen ist der "War Room" trotz derartiger Entgleisungen noch abrufbar. Zum Beispiel bei Apple Podcasts, dem zweitgrößten Podcast-Anbieter der Welt. In den amerikanischen Apple-Podcasts-Charts taucht die Sendung in der Sparte "Politik" konstant unter den Top fünf auf, unter allen Sendungen schafft es "War Room" teils immerhin unter die Top 50. Im Oktober verkündete Bannon, das Format habe mittlerweile über alle Plattformen hinweg insgesamt die 100-Millionen-Download-Marke geknackt. Überprüfbar sind die Zahlen nicht, aber sie klingen nicht unrealistisch.

Grund für den verhältnismäßigen Erfolg des Podcasts ist der radikalisierte Teil der Republikaner, sagt Klaus Kamps. "Ein großer Flügel, der sich ein Stück weit radikalisiert hat. Das, was man unter Trumpismus versteht. Dahinter steckt natürlich auch Steve Bannon." Dessen Bedeutung sei insgesamt jedoch "schwer einzuschätzen, weil er in seinem ersten Leben, als er Trump groß gemacht hat, sehr viel im Hintergrund gearbeitet hat." Dabei sei er "recht effizient und erfolgreich" gewesen, so Kamps weiter.

Mit dem "War Room" hat Bannon jetzt wieder eine Bühne im rechten politischen Spektrum der Vereinigten Staaten. Andauernd tauschen sich in dem Podcast ultrakonservative oder neurechte Trump-Anhänger aus der republikanischen Partei aus. Die Sendung sei längst zu einem "Sammelbecken für Rechtsextremisten" geworden, schreibt die Non-Profit-Plattform "Pro Publica" in einer Recherche.

Laut der Analyse habe es Bannon darauf abgesehen, die republikanische Partei "von unten aus zu übernehmen". Der rechte Strippenzieher will so die ganze Kontrolle über die "Grand Old Party" gewinnen. Deshalb rufe er seine Zuhörer immer wieder dazu auf, sich als Funktionäre der Partei anzudienen und als eine Art "Wahlbezirksleiter" einzusteigen. Eine wichtige Funktion, da man so über Kandidaturen mitbestimmen oder Leute als Wahlüberwacher nominieren kann, schreibt "Pro Publica".

"Medialer Provokateur" mit "Krawallstrategie"

Dieser Text ist eigentlich ein Podcast: Welche Region schickt nur Verlierer in den Bundestag? Warum stirbt Ostdeutschland aus? Wieso geht dem Iran das Wasser aus? Welche Ansprüche haben Donald Trump und die USA auf Grönland?

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Das ist für Experte Kamps aber nur "vordergründig", sagt er im "Wieder was gelernt"-Podcast. "Die eigentliche Strategie ist die Krawallstrategie. Bannon ist ein medialer Provokateur. Das weiß er sehr genau und das sieht er als seine politische Strategie an. Und jetzt ist es notwendig, diese Provokationen sozusagen in die Wahlbezirke zu bringen. "Das ist nicht die große Bühne, er will stattdessen auf vielen kleinen Bühnen Krawall machen."

Steve Bannon macht Krawall an der Basis, wirbelt die Wahlbezirke auf, um so die Macht der Trumpisten in der republikanischen Partei insgesamt zu stärken. Die stellen zwar längst die Mehrheit innerhalb der "Grand Old Party", aber es gibt eben auch Millionen Republikaner, die mit der radikalen Agenda von Trump nicht einverstanden waren und es bis heute nicht sind.

Diese will Bannon noch bedeutungsloser machen, indem er die eigene Blase stärkt. Deshalb hört man in seinem Podcast auch keine moderaten Töne, keine Einordnungen, schon gar keine anderen Meinungen. "Es gibt keine Kompromisse und man zieht das in allen Argumentationen voll durch. Alles, was die Demokraten machen, ist Sozialismus. Alles, was Biden macht, ist vielleicht sogar Kommunismus. Es ist jedenfalls 'far left' und es ist radikal. Er unterdrückt die wahre amerikanische Identität. Alles ist sehr einseitig", beschreibt Kamps die Kommunikationsstrategie von Bannon und seinen Anhängern.

Rechter Trump-Flügel in der Mehrheit

Das langfristige Ziel von Steve Bannon wird bislang zwar nicht von ihm oder seinen Leuten ausgesprochen, ist aber eindeutig: Donald Trump soll 2024 die Präsidentschaftswahl gewinnen und ins Weiße Haus zurückkehren. Es spreche jedenfalls nichts dafür, dass jemand anderes plötzlich in der ersten Reihe der Republikaner auftaucht, analysiert Klaus Kamps.

Einen Fingerzeig könnten die Zwischenwahlen, die sogenannten Midterms, in einem Jahr liefern. Sind die Republikaner da erfolgreich, dürfte das die Radikalen in der Partei stärken. Klaus Kamps schätzt, dass mittlerweile "70 bis 80 Prozent" der Republikaner dem rechten Trump-Flügel angehören. Ein gutes Wahlergebnis bei den Midterms dürfte ihren Kurs stärken. "Wenn die Zwischenwahlen in Richtung Republikaner gehen, wird sich die öffentliche Kommunikation viel mehr Richtung Trump drehen. Die Republikaner haben natürlich gelernt, dass Trump als Person ein unglaublicher Magnet ist für mediale Aufmerksamkeit. Und diese Karte werden sie wahrscheinlich ab Januar 2023 voll ausspielen", prognostiziert Kamps mit einer Einschränkung: "Das sind Spekulationen. Man muss noch abwarten."

Wenn jetzt Präsidentschaftswahl wäre, könnte Trump tatsächlich das Rennen machen. Laut einer aktuellen Umfrage des Emerson College würden 45 Prozent der Wähler für Trump stimmen, 43 für Biden. Bei der Frage nach den Zwischenwahlen würden sich 49 Prozent der Wähler - Stand heute - für den Kandidaten der Republikaner entscheiden, 42 Prozent würden ihr Kreuz bei den Demokraten machen. Steve Bannon arbeitet im "War Room" daran, dass diese Zahlen Realität werden.

Quelle: ntv.de

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