10.000 Soldaten im Einsatz Polen stockt Grenzschutz zu Belarus auf
25.10.2021, 16:20 Uhr
Anfang September errichteten polnische Soldaten einen Stacheldrahtzaun an der Grenze zu Belarus.
(Foto: picture alliance/dpa/SOPA Images via ZUMA Press Wire)
Die Lage spitzt sich weiter zu: Polen will Tausende weitere Soldaten an die Grenze zu Belarus schicken, um illegale Einreisen zu verhindern. Derweil wird die Forderung nach Hilfe für die Migranten lauter. In Deutschland registriert die Bundespolizei in einem Monat mehr als 4000 Einreisen aus Belarus.
Polen will die Zahl der Soldaten an seiner Grenze zu Belarus auf rund 10.000 erhöhen. Hintergrund ist die gestiegene Zahl illegaler Einreisen über das Nachbarland. Künftig würden rund 2500 weitere Soldaten den Grenzschutz unterstützen, schrieb Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak auf Twitter.
Die Regierung in Warschau beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen. Lukaschenko hatte Ende Mai angekündigt, dass Minsk Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern werde - als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik.
Polen hat einen Stacheldrahtverhau entlang der Grenze zu Belarus errichtet. Der Bau einer dauerhaften Befestigung ist geplant. Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes gab es am Wochenende erneut zwei Versuche eines gewaltsamen Grenzdurchbruchs. In beiden Fällen hätten aggressive Gruppen von 60 bis 70 Migranten die polnischen Grenzer mit Ästen und Steinen beworfen, schrieb die Behörde auf Twitter und postete dazu ein Video. Beide Versuche seien gescheitert.
Migranten haben Camp verlassen
Derweil sei das Lager einer weiteren Migrantengruppe, die über Wochen in einem Wald in der Nähe des polnischen Dorfs Usnarz Gorny campierte, mittlerweile verlassen, gab der Grenzschutz in einem weiteren Tweet bekannt. Das Schicksal dieser Migrantengruppe hatte die polnische Öffentlichkeit stark bewegt. Die Angaben des Grenzschutzes lassen sich nicht unabhängig überprüfen, da Polen in der Grenzregion den Ausnahmezustand verhängt hat. Journalisten und Helfer dürfen nicht hinein.
In Deutschland sind nach Angaben der Bundespolizei seit Ende September 4246 Menschen aus Belarus illegal eingereist. Auf das ganze aktuelle Jahr gesehen gab es bereits 6657 unerlaubte Grenzübertritte mit Bezug zu dem osteuropäischen Land, wie das Bundespolizeipräsidium in Potsdam mitteilte. Eine Entspannung der Lage zeichne sich nicht ab.
Brennpunkt der illegalen Einreisen ist demzufolge die deutsch-polnische Grenze. Die Situation dort rief am Wochenende eine rechtsextreme Partei auf den Plan: Anhänger der Partei Der III. Weg wollten mit sogenannten Grenzgängen gegen Geflüchtete an der deutsch-polnischen Grenze vorgehen. Dazu versammelten sich im brandenburgischen Guben am Sonntag mehr als 50 Teilnehmer aus Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bayern. Die Polizei erließ Platzverweise, beschlagnahmte Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke.
Ministerium verurteilt eigenmächtige Grenzkontrollen
Das Bundesinnenministerium verurteilte die Aktion. "Das Gewaltmonopol liegt beim Staat", sagte Sprecher Steve Alter. Für Selbstjustiz oder amtsanmaßendes Verhalten von Privaten bestehe "in unserem Rechtsstaat kein Raum". Weiter sagte er: "Grenzschutz ist allein Aufgabe des Staats."
Grünen-Vize Jamila Schäfer hat indes Hilfe für die Migranten im belarussisch-polnischen Grenzgebiet gefordert. "Die EU-Mitgliedstaaten stehen in der Pflicht, zu jeder Zeit den völker- und europarechtlich garantierten Zugang zu einem Asylverfahren in der EU zu gewährleisten", sagte sie. Die fehlende europäische Handlungsfähigkeit in der Migrationspolitik mache die EU außenpolitisch erpressbar, beklagte Schäfer. "Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Erpressungsversuche fruchten", sagte sie mit Blick auf Lukaschenko. "Es braucht endlich ein robustes Asylsystem, das Menschenrechte achtet und eine schnelle Registrierung, Verteilung und Durchführung von rechtsstaatlichen Verfahren ermöglicht."
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte Zugang für Hilfsorganisationen wie dem UNHCR. Sie wandte sich gegen Pushbacks aus Polen, also das Zurückdrängen von Migranten an der Grenze. Es sei eine gemeinsame europäische Aufgabe, Menschen in Sicherheit zu bringen. Daran habe aber auch Deutschland einen Anteil.
Quelle: ntv.de, chf/dpa/AFP