Auto-Lobby fürchtet Strafen Politik tastet Diesel-Besteuerung nicht an
02.10.2015, 16:40 Uhr
Die geringere Besteuerung von Diesel hängt mit dem Güterverkehr und dem Öffentlichen Nahverkehr zusammen.
(Foto: dpa)
Fahrer von Diesel-Fahrzeugen können aufatmen: Die Regierung will die Besteuerung des Kraftstoffs nicht ändern. Die Auto-Lobby fürchtet aber noch andere Maßnahmen - und wittert ein taktisches Manöver der USA hinter dem VW-Skandal.
Die Bundesregierung plant vor dem Hintergrund des VW-Abgasskandals keine Änderungen der steuerlichen Behandlung von Diesel-Fahrzeugen oder des Kraftstoffs selbst. Das machte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums deutlich. Sie reagierte damit auf entsprechende Forderungen aus der deutschen Opposition und aus Brüssel.
Ministeriumssprecherin Friederike von Tiesenhausen verwies darauf, dass "die bestehende Steuersystematik politisch und fachlich seit langem Bestand" habe. Das Haus von Finanzminister Wolfgang Schäuble sehe "derzeit keinen Grund, da heran zu gehen". Seit der Reform der Kfz-Steuer im Jahr 2009 sei die maßgebliche Einheit auch für Diesel-Pkw der CO2-Ausstoß und nicht mehr die Emission von Stickoxiden, betonte die Sprecherin.
Auch das Umweltministerium schloss sich den Rufen nach einer Verschärfung der steuerlichen Behandlung von Dieselfahrzeugen nicht an. "Dieselfahrzeuge können auch umweltfreundlich sein", sagte Ministeriumssprecher Stephan Gabriel Haufe. Zu berücksichtigen sei, dass Autos mit Dieselkraftstoff sehr effizient fahren könnten.
Verbraucherzentralen fordern Runden Tisch
In Deutschland wird Dieselkraftstoff nach Angaben des Finanzministeriums vor allem deshalb geringer besteuert, um die Wettbewerbsfähigkeit des Güterverkehrs zu erhalten und den Öffentlichen Personennahverkehr gegenüber dem Individualverkehr zu begünstigen. Zudem seien damit auch Anreize für die Entwicklung moderner Dieselmotoren im Pkw-Bereich verbunden worden.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen schlug derweil als Konsequenz aus dem VW-Abgasskandal einen Runden Tisch zur "Verantwortung im Automobilmarkt" vor. "Um Verbraucher künftig vor Täuschung und Schaden zu schützen, muss jetzt gehandelt werden", sagte Verbandsvorstand Klaus Müller in Berlin. Der Markt benötige eine größere Transparenz, eine bessere Regulierung und eine ausreichende Kontrolle. "Autokäufer können sich nicht auf die Angaben der Hersteller verlassen", kritisierte Müller.
Lobbyisten warnen vor Überreaktion
Europäische Autobauer warnten unterdessen vor einer Überreaktion der Politik. "Wir sollten Maßnahmen vermeiden, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Branche untergraben", erklärte der Präsident des europäischen Autoverbandes ACEA, Renault-Chef Carlos Ghosn, in einem Brief an den EU-Industrieministerrat. Schließlich stehe die Autoindustrie für gut zwölf Millionen Arbeitsplätze in Europa.
Auch BMW-Chef Harald Krüger warnte davor, den Technologiestandort Deutschland und seine Schlüsselindustrie infrage zu stellen. "Ein Generalverdacht ist fehl am Platz", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
Wie aus dem Schreiben des ACEA hervorgeht, fürchtet die Autoindustrie, dass wegen des Abgasskandals die gerade noch verhandelten Vorgaben zum neuen Messverfahren "Real Driving Emssions" (RDE) verschärft werden. Die Frage, wie Emission realistischer gemessen werden könnten, dürfte nicht vermischt werden mit den Abgas-Manipulationen von VW, appellierte Ghosn in dem Brief. Er äußerte in dem Schreiben den Verdacht, die USA wollten mit ihrem Vorgehen im Abgasskandal die Marktführerschaft der Europäer bei Diesel-Autos attackieren.
Quelle: ntv.de, mli/DJ/rts