Politik

Opferzahl schnellt in die Höhe Polizei setzt in Ankara Tränengas ein

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Einen Tag nach dem schlimmsten Terroranschlag in der Geschichte der Türkei versammeln sich Tausende Menschen in Ankara, um der Toten zu gedenken. Dabei geben sie der Regierung eine Mitschuld an dem Terror. Die Polizei reagiert mit Gewalt.

Trotz Terrorangst haben sich in der türkischen Hauptstadt Ankara erneut Tausende Menschen versammelt, um der vielen Opfer des Anschlags vom Samstag zu gedenken. Auf einem Platz in der Nähe des Anschlagsortes kamen sie einem Aufruf von Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und linken oder kurdischen Parteien nach. Diese hatten am Vortag zu einer Friedensdemonstration aufgerufen, die schließlich Ziel des schlimmsten Terroranschlags der türkischen Geschichte geworden war.

Die Teilnehmer riefen regierungskritische Slogans wie "Erdogan - Mörder" und forderten die Regierung zum Rücktritt auf. Die Polizei schritt nach Angaben unseres Reporters Dirk Emmerich mit Gummigeschossen und Tränengas ein. Erneut seien Menschen verletzt worden. Bereits am Samstag hatten Demonstranten in mehreren türkischen Städten den Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und die Regierung für den Anschlag mitverantwortlich gemacht.

Derweil soll nach Angaben der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP die Zahl der Toten auf 122 gestiegen sein. Ein HDP-Funktionär, der anonym bleiben wollte, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Opferzahl könne jedoch noch deutlich weiter steigen. Mehr als 500 Menschen seien verletzt worden. Zuletzt hatte die Übergangsregierung mitgeteilt, 95 Menschen seien getötet und 246 verletzt worden.

Ermittler vermuten IS als Urheber des Anschlags

Die HDP sieht sich als Ziel des Anschlags und macht der politischen Führung des Landes schwere Vorwürfe. Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand. Jedoch verdächtigen die Ermittler Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, die in Ankara verwendeten Sprengsätze glichen jener Bombe, mit der ein Selbstmordattentäter im Juli mehr als 30 Menschen in der Stadt Suruc an der syrischen Grenze getötet hatte. Für den Anschlag von Suruc hatte die türkische Regierung den IS verantwortlich gemacht.

Die Zeitung "Habertürk" meldete, die Polizei betrachte den Bruder des Attentäters von Suruc als Hauptverdächtigen. Eine Sonderkommission aus rund 100 Beamten werte Spuren wie DNA-Proben der Leichen der mutmaßlichen Selbstmordattentäter sowie Bilder von Überwachungskameras aus. Die Zeitung "Cumhuriyet" meldete unter Berufung auf Augenzeugen, kurz vor der Explosion der ersten Bombe in Ankara sei der Ruf "Gott is groß" zu hören gewesen.

Laut "Habertürk" könnte der 25-jährige Yunus Emre Alagöz einer der beiden Selbstmordattentäter gewesen sein. Alagöz' Bruder Seyh Abdurrahman hatte sich am 20. Juli in Suruc in die Luft gesprengt. Die Brüder hatten sich Medienberichten zufolge in Syrien dem IS angeschlossen und den Bau von Bomben erlernt. In der Türkei sollen sich laut "Habertürk" derzeit noch fünf weitere potenzielle Selbstmordattentäter des IS aufhalten.

Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa/rts

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