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"Ging nicht um Machtwechsel" Prigoschin meldet sich erstmals nach Verschwinden

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Seit Wagner-Chef Prigoschin den Aufstand in Russland am vergangenen Samstag beendet hat, fehlt von ihm jede Spur. Nun meldet er sich erstmals zu Wort: Es sei ihm nicht um einen Sturz der russischen Regierung gegangen - sondern um die Rettung seiner Söldnergruppe.

Nach der Eskalation des Machtkampfs zwischen der Jewgeni Prigoschin und dem russischen Verteidigungsministerium am vergangenen Freitag ist es zunächst still um den Söldnerchef geworden. Seitdem der 62-Jährige am Samstag den Aufstand seiner Truppen angeblich zur Abwendung eines großen Blutbades in Russland für beendet erklärt hatte, fehlte von ihm jede Spur. Nun meldet sich Prigoschin auf Telegram wieder zu Wort - und äußert sich zu den Gründen der Aktion. Demnach sei es ihm "nicht um den Sturz der russischen Behörden" gegangen, sondern um eine Demonstration "gegen die Zerstörung" seiner Wagner-Gruppe sowie gegen die aus seiner Sicht schlechte russische Kriegsführung. Angaben zu seinem Ort oder wie es mit ihm und seiner Söldner-Truppe weitergeht, machte er allerdings nicht.

Hintergrund der Aktion sei demnach die Aufforderung des russischen Verteidigungsministeriums an die Wagner-Söldner gewesen, offiziell in die russischen Streitkräfte einzutreten. "Die Mitarbeiter weigerten sich alle, den Vertrag mit dem Verteidigungsministerium zu unterzeichnen, nur ein bis zwei Prozent entschieden sich, der russischen Armee beizutreten", erklärte Prigoschin nun. Jeder Söldner wisse, dass ein Eintritt in die Armee "zu einem totalen Verlust der Kampfkraft führen würde".

Am 1. Juli, so der Wagnerchef in seiner elfminütigen Sprachnachricht, sollte seine Einheit aufgelöst werden. Eine entsprechende Anordnung hatte Verteidigungsminister Sergej Schoigu Wochen zuvor erlassen. Schon damals hatte Prigoschin die Aufforderung zurückgewiesen.

"Waren gezwungen, Flugobjekte abzuschießen"

In seiner Nachricht wiederholte er seine Vorwürfe gegen das russische Verteidigungsministerium, Militärlager der Söldner am vergangenen Freitag beschossen zu haben. Dabei sind seinen Angaben zufolge 30 Wagner-Kämpfer getötet worden. Dies sei zusätzlich zur vom Ministerium angestrebten Auflösung der Wagner-Truppe der Auslöser für den Marsch Richtung Moskau gewesen.

Prigoschin, der lange als Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin galt, kritisierte, dass seine Truppen auf dem Weg nach Moskau beschossen worden seien. Er räumte ein, dass der Vormarsch Tote gefordert hatte. "Während unseres Marsches wurde kein einziger Soldat auf dem Boden getötet. Wir bedauern, dass wir gezwungen waren, Flugobjekte abzuschießen - aber das deshalb, weil sie uns bombardiert haben", sagte er. Nach Berichten russischer Militärblogger wurden bei der Auseinandersetzung sechs Hubschrauber und ein Flugzeug der russischen Armee zerstört und deren Besatzungen getötet. Offiziell hat die russische Führung diese Verluste nicht eingestanden.

Der Vormarsch habe erhebliche Sicherheitsmängel in Russland aufgedeckt, betonte der Söldnerchef zudem. Prigoschin war mit seinen schwerbewaffneten Söldnern von der ukrainischen Grenze nach Moskau vorgerückt. Über viele Hunderte Kilometer hatte es offenbar keine Versuche gegeben, ihn zu stoppen. Die Söldner hätten "die gesamte Militärinfrastruktur blockiert" einschließlich Luftwaffenstützpunkten entlang der Strecke, sagte Prigoschin.

Prigoschin lobt Lukaschenko

Zugleich versicherte er, Zivilisten in Städten an der Strecke hätten seine Leute unterstützt. "Die Zivilisten kamen uns mit russischen Flaggen und Wagner-Abzeichen entgegen, sie waren glücklich, als wir ankamen und an ihnen vorbeizogen." Prigoschin lobte den Marsch auf Moskau als beispielhaft dafür, wie der von Putin am 24. Februar 2022 befohlene Angriff auf die Ukraine hätte ablaufen sollen. Demnach zeigte seine Truppe "einen hohen Organisationsgrad bewiesen", den auch die russische Armee haben sollte.

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Erst nach hektischen Verhandlungen über den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko hatte der Söldnerchef den Vormarsch Samstagnachmittag, nach rund 24 Stunden, abgeblasen. Lukaschenko habe ein Blutvergießen in Russland verhindert, lobte Prigoschin den belarussischen Präsidenten in seiner Sprachnachricht.

Die russische Regierung versprach dem Söldnerchef zunächst Amnestie und die Ausreise nach Belarus. Bei der russischen Staatsanwaltschaft hieß es am Montag aber, gegen Prigoschin werde weiter ermittelt.

Quelle: ntv.de, spl/rts/dpa

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