Politik

Wahlerfolge der AfD Ramelow: "Der Osten hat sich nicht zu entschuldigen"

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Thüringens Ministerpräsident Ramelow macht sich nach den Wahlerfolgen der AfD Gedanken über den deutsch-deutschen Zusammenhalt. Die Haltung vieler im Westen, der Osten habe dankbarer zu sein, vertieft seiner Meinung nach die Spaltung. NRW-Ministerpräsident Wüst hat Ideen, um die Kluft zu schließen.

Angesichts der starken Ergebnisse für die AfD bei der Europawahl in Ostdeutschland hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow vor einer zunehmenden Kluft zwischen Ost- und Westdeutschen gewarnt. "In sozialen Netzwerken lese ich nach der Europawahl jetzt Sätze wie: 'Wo bleibt die Dankbarkeit der Ostdeutschen?' Das sind Fragen, die wir jetzt gerade nicht brauchen", sagte der Linken-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

"Der Osten hat sich nicht zu entschuldigen. Man sollte ihn vielmehr als Chance begreifen. Stattdessen geht die emotionale Einheit zunehmend krachen. Dass man von Ostdeutschen Dankbarkeit erwartet, treibt diese Spirale weiter an", fuhr Ramelow fort. Mit Blick auf die Landtagswahl am 1. September sagte Ramelow: "Die Ausgangslage ist schwierig. Aber Landtagswahlen sind Personalwahlen. Und alle Personalwahlen sind für die AfD nicht gut ausgegangen."

Der nordrhein-westfälische CDU-Chef und Ministerpräsident Hendrik Wüst warb für mehr Austausch zwischen Ost- und Westdeutschland. "Es ist Zeit für einen Einigungsvertrag 2.0, der neben der formalen Einheit auch die Menschen besser zusammenbringt - für stärkeres Vertrauen und Zusammenhalt zwischen Ost und West", sagte Wüst dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Ihm gehe es darum, "eine Reihe von Projekten zu vereinbaren - zum Beispiel, junge Menschen aus Ost und West stärker zusammenzubringen. "Denn Austausch schafft Vertrauen und öffnet Perspektiven für mehr Verständnis untereinander."

Es gehe zum Beispiel um einen Austausch, wie man ihn von europäischen Städtepartnerschaften kenne, sagte der CDU-Politiker. Er habe den Eindruck, dass viele Menschen aus Nordrhein-Westfalen noch nie in den - gar nicht mehr so - neuen Ländern gewesen seien. "Mancher kennt sich auf Mallorca besser aus als in Sachsen oder Thüringen. Umso mehr ist es den Versuch wert, die Menschen wieder stärker zusammenzubringen."

Wüst sprach sich auch für eine Wiederbelebung des Runden Tisches aus, wie es ihn zur Wendezeit gab. "Die Wendezeit war geprägt von der Idee des Runden Tisches: Damals kamen sehr unterschiedliche Menschen zusammen, mit dem einen Ziel, an einer besseren demokratischen Zukunft zu arbeiten." Wenn er die Gesellschaft heute betrachte - Ost wie West - dann wünsche er sich "dieses offene aufeinander Zugehen im Gespräch zurück; sich an einen Tisch zu setzen, anstatt aus der Ferne anzubrüllen". Denn es sei wichtig, sich auch mit Menschen auseinandersetzen, deren Meinung man nicht teile.

In Umfragen gibt es immer wieder den Befund, dass die Mehrheit bundesweit der Auffassung ist, Ost und West seien seit 1990 weniger stark oder gar nicht zusammengewachsen. Ein Aufreger ist, dass die Einkommensunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland auch mehr als 33 Jahre nach der Vereinigung groß bleiben.

Die AfD war mit einem vorläufigen amtlichen Ergebnis von 15,9 Prozent als zweitstärkste Kraft hinter der Union aus der Europawahl hervorgegangen. Sie fuhr damit ihr bisher bestes Ergebnis bei Wahlen zum EU-Parlament ein. Die AfD kam in allen fünf ostdeutschen Flächenländern auf Platz eins, wie aus dem am Montagmorgen veröffentlichten vorläufigen amtlichen Ergebnis hervorging. Die neu gegründete Wagenknecht-Partei BSW belegte im Osten Platz drei.

Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa

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