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Militärblogger beklagen sich Russen verzweifeln an ukrainischem Brückenkopf

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Einen Teil der Antoniwka-Brücke haben russischen Truppen bereits im November bei ihrem Rückzug aus der Regionalhauptstadt Cherson ans andere Flussufer zerstört.

Einen Teil der Antoniwka-Brücke haben russischen Truppen bereits im November bei ihrem Rückzug aus der Regionalhauptstadt Cherson ans andere Flussufer zerstört.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Vergangenes Wochenende setzen ukrainische Truppen in der Region Cherson über den Dnipro und verstecken sich unter der Antoniwka-Brücke. Russische Versuche, die ukrainische Stellung zu vernichten, enden anscheinend wiederholt mit eigenen hohen Verlusten. Russische Militärblogger üben scharfe Kritik.

Ukrainische Einheiten verteidigen sich am Ostufer des Dnipro in der Region Cherson offenbar erfolgreich gegen russische Angriffe. Das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) berichtet von unverhältnismäßig vielen Beiträgen russischer Militärblogger, die das Vorgehen der eigenen Streitkräfte an der Antoniwka-Brücke thematisieren. In diesen Beiträgen kritisieren sie demnach die Militärführung oftmals dafür, blind die kleine ukrainische Stellung unter der Brücke anzugreifen und dabei schwere Verluste zu erleiden. Die Militärblogger verlangen stattdessen "präzise" Luftschläge gegen die Brückenpfeiler, damit die Ukraine die Brücke nicht länger als Schutz vor Angriffen der russischen Artillerie nutzen könne.

Die Antoniwka-Brücke liegt östlich der Stadt Cherson und führt über den Dnipro. Am vergangenen Wochenende, während des Putsch-Versuchs von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin, setzten ukrainische Truppen mit Schnellbooten von einem Ufer zum anderen über und errichteten einen Brückenkopf, setzten sich also fest, wo die Brücke in den Landbereich übergeht. "Da gibt es um den Mittelpfeiler der Brücke herum einen kleinen besiedelten Bereich, Nayry genannt", beschrieb der österreichische Oberst Markus Reisner die Lage im Gespräch mit ntv.de. "Von dort geht die Brücke weiter über Sumpfgebiet, bis es dann wieder zu bebautem Gebiet kommt. Der Brückenkopf ist also als Zwischenziel sehr günstig gelegen."

Erschwert werden die russischen Angriffsbemühungen an Land unter anderem durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms. An der Stelle, wo die Ukrainer übergesetzt haben, sind die Überschwemmungen vorbei, der Dnipro wieder in seinen alten Bahnen. Zwischen dem Brückenkopf der etwa 70 ukrainischen Soldaten und den Stellungen der russischen Truppen befindet sich Sumpfgebiet, das ebenfalls von den Überschwemmungen betroffen war und weder zu Fuß noch mit Fahrzeugen einfach passiert werden kann. Die russische Seite könne von Oleschky aus nur schwer direkt auf den Brückenkopf feuern, erklärte Reisner die Situation. "Die Ukrainer können so immer mehr Kräfte nachschieben und den Brückenkopf langsam ausweiten."

Durch diesen Stellungsvorteil bleibt Russland nur der Frontalangriff auf die ukrainische Stellung über die Brückenstraße. Bei diesem Vorgehen sollen die russischen Einheiten allerdings durch ukrainische Minen und ukrainisches Artilleriefeuer von der anderen Flussseite hohe Verluste erleiden.

Luftschlag mit Iskander

Aus diesem Grund werden in Russland die Rufe nach Luftschlägen auf die Brücke lauter, wozu es am Freitag auch kam: Das russische Militär griff den östlichen Teil der Brücke mutmaßlich mit einer ballistischen Iskander-Rakete an. Der genaue Schaden ist unklar, Aufnahmen der Brücke nach dem Angriff legen jedoch nahe, dass ein Teil der Fahrbahn über der ukrainischen Position eingestürzt ist.

Dem ISW zufolge sind sich auch die russischen Militärblogger uneinig, ob der Luftschlag ein Erfolg war. Einige behaupten demnach, dass die Ukraine die Brücke nicht länger zum Schutz vor russischen Artillerieangriffen nützen könne. Andere betonen laut ISW, dass nur ein Teil der Fahrbahn zerstört worden sei und russische Infanterie-Einheiten nach wie vor versuchen würden, die ukrainische Stellung zu vernichten.

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Klar scheint jedoch, dass die russische Militärführung die Bedrohung, die der ukrainische Brückenkopf darstellt, ernst nimmt, wie die Militärexperten des ISW schreiben. Denn Iskander-Raketen gehören zu den wertvollsten im russischen Arsenal. Die Bestände sollen ukrainischen Angaben zufolge zur Neige gehen. Eine dieser Raketen dann gegen etwa 70 ukrainische Soldaten einzusetzen, die sich unter einer bereits weitgehend zerstörten Brücke verstecken, sei "seltsam".

Quelle: ntv.de, chr

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