"Pegida ist unsere Basis" Sachsen-AfD hat neuen Chef
04.02.2018, 15:35 Uhr
Urban führt künftig die sächsische AfD-Fraktion und die Partei im Freistaat.
(Foto: dpa)
Mit dem Rückzug Frauke Petrys aus der AfD verliert der sächsische Landesverband auch seine Spitze. Nun hat sich die Partei neu aufgestellt - mit dem Fraktionschef an der Spitze. Der will nun, dass die Bundespartei einen Beschluss zurücknimmt.
Rund vier Monate nach dem Abgang von Frauke Petry aus der AfD hat der sächsische Landesverband eine neue Parteispitze gewählt. Auf einem Landesparteitag in Hoyerswerda stimmten rund 91 Prozent der Delegierten für Jörg Urban als neuen AfD-Landesvorsitzenden. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Der 53-jährige Urban ist auch AfD-Fraktionschef im sächsischen Landtag.
Er sei kein Vertreter des rechten Randes, sagte Urban. "Ich stehe nicht für eine Strömung in der Partei, aber wir brauchen alle Strömungen." Seine Wahl sei auch noch kein Vorentscheid über die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl im kommenden Jahr. Dafür sollte sich die Partei noch bis Jahresende Zeit lassen, «um zu gucken, wer das beste Zugpferd ist». Urban schloss nicht aus, dass "diese Lokomotive für den Wahlkampf" auch von außen, also nicht aus dem Landesverband kommen könnte.
Nach dem Rücktritt Petrys und weiterer AfD-Landesvorstandsmitglieder hatte der sächsische Landesverband im Oktober einen sechsköpfigen Notvorstand eingesetzt, an dessen Spitze bisher Siegbert Droese stand. Seine Bewerbung um die Parteiführung zog Droese kurzfristig zurück und begründete seine überraschende Entscheidung mit der Notwendigkeit der Geschlossenheit der Partei. Er trat aber als Stellvertreter an und wurde im zweiten Wahlgang bestätigt. Zu weiteren Stellvertretern wurden die Dresdner Rechtsanwälte Joachim Keiler und Maximilian Krah gewählt. Zum neuen Generalsekretär wurde Jan Zwerg aus Freital gewählt. Zuvor hatte der Parteitags bereits die Mitglieder des Landesschiedsgerichts neu bestimmt. Erneut wurde der umstritten Dresdner Richter Jens Maier in das Gremium gewählt.
Annäherung an Pegida
Nach dem Angebot einer Zusammenarbeit zwischen AfD und Pegida nahm der der Chef des islam- und fremdenfeindlichen Bündnisses Lutz Bachmann als Gast am Mitgliederparteitag teil. Er kam in Begleitung seines Vizes Siegfried Daebritz und gratulierte Urban zur Wahl, wie dieser bestätigte. Die beiden Pegida-Chefs seien als Gast akkreditiert, "aber keine geladenen Gäste", sagte Urban.
Der neue AfD-Landesvize Droese sagte, dass er mit Daebritz gesprochen habe. Dabei habe er ihm deutlich gemacht, dass hinsichtlich einer Zusammenarbeit "der Ball jetzt im Feld der Pegida" liege. Auch Urban verwies auf die Nähe zwischen Pegida und seiner Partei. "Wir wissen, dass das unsere Basis auf der Straße ist." Wie Droese sprach er sich für eine Aufhebung eines Beschlusses des AfD-Bundeskonvents aus, der eine Kooperation mit Pegida verbietet. Die Landesverbände bräuchten freie Hand. "Wir im Osten wissen, was Pegida ist, wer da auf die Straße ist und was für Leute das sind."
Ministerpräsident will AfD entzaubern
Petry war bei der Bundestagswahl im vergangenen September in den Bundestag eingezogen, hatte unmittelbar darauf aber erklärt, dass sie der AfD-Fraktion nicht angehören, sondern als Einzelabgeordnete im Parlament sitzen werde. Sie trat aus der AfD aus und legte auch ihren Fraktionsvorsitz im sächsischen Landtag nieder, ist dort aber immer noch fraktionslose Abgeordnete.
Bei der Bundestagswahl hatte die AfD in Sachsen 27 Prozent der Zweitstimmen erreicht. Sie lag damit sogar knapp vor der im Freistaat regierenden CDU. Der damalige CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich war als Konsequenz aus der Wahlschlappe seiner Partei im Dezember zurückgetreten, sein Nachfolger ist Michael Kretschmer. Im kommenden Jahr wird im Freistaat ein neuer Landtag gewählt. Nach ihrem Wahlerfolg hat die sächsische AfD als Ziel für die nächste Landtagswahl ein Ergebnis von "30 Prozent plus X" ausgegeben und will 2019 stärkste Kraft werden.
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer mahnte einen sachlichen Umgang mit der AfD an. Desto schwerer werde es für sie sein, "sich als Märtyrer zu geben", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag". Es müssten aber die Probleme gelöst werden, die dazu geführt hätten, dass die AfD so attraktiv geworden sei. "Das gelingt uns nicht, indem wir die Wähler als 'rechtsextrem' abstempeln."
Eine Gefahr für die CDU durch die ehemalige AfD-Vorsitzende Petry und ihre Neugründung Die blaue Partei bei den nächsten Landtagswahlen befürchtet er nicht. "Der Lack ist ab, diese neue Partei hat keinen Esprit, und es fehlt an Infrastruktur", sagte Kretschmer.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa