"Dumpfe Vorurteile und Fremdenhass" Schmidt und Schröder stellen sich gegen Pegida
06.01.2015, 06:12 Uhr
Pegida-Demonstranten ziehen in Dresden am Stadion des Drittligisten Dynamo vorbei.
(Foto: picture alliance / dpa)
Erneut folgen bundesweit Tausende dem Aufruf der islamfeindlichen Bewegung Pegida. Mit Helmut Schmidt und Gerhard Schröder warnen nun zwei ehemalige Bundeskanzler vor dem Bündnis. Derweil ringt die AfD um eine gemeinsame Linie.
Angesichts des weiter stiegenden Zulaufs für die islamfeindliche Bewegung Pegida haben die beiden Altbundeskanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder (beide SPD) das Wort erhoben. Schmidt sagte der "Bild"-Zeitung, die Proteste appellierten an "dumpfe Vorurteile, an Fremdenhass und Intoleranz". Das jedoch sei nicht Deutschland. Die Bundesrepublik dürfe Flüchtlinge und Asylbewerber nicht verstoßen. "Deutschland muss weltoffen und tolerant bleiben."
Schröder wiederholte im Gespräch mit der Zeitung seinen Aufruf für einen "Aufstand der Anständigen" gegen Fremdenfeindlichkeit. Dies hatte er bereits im Jahr 2000 nach einem Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge getan. Einen neuen solchen Aufstand "brauchen wir auch heute". Er lobte die Haltung von Parteien und Kirchen, die eine "klare Position gegen Pegida gefunden haben".
Politiker sorgen sich um Bild Deutschlands
Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schloss sich dem gemeinsamen Appell gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz an. "Parolen ersetzen keine Fakten: Deutschland braucht Zuwanderer", sagte er der "Bild". Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte, Pegida schade nicht nur dem Land, es werfe auch ein "schlechtes Bild auf Deutschland im Ausland". Umso wichtiger sei es, zu verdeutlichen, "dass diejenigen, die da auf einigen Straßen ihre Parolen rufen, eine kleine Minderheit mit einer lauten Stimme sind". Ähnlich äußerte sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Wer mit "diffusen Ängsten spielt oder Fremdenfeindlichkeit schürt, spricht nicht für die Mehrheit".
Der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, sprach sich ebenfalls deutlich für Zuwanderung aus. "Deutschland tut qualifizierte Einwanderung richtig gut." Gegen jede Fremdenfeindlichkeit müsse vorgegangen werden.
Henkel widerspricht vorsichtig Parteichef Lucke
Uneins zum Umgang mit Pegida ist indes die Alternative für Deutschland (AfD). "Gespräche sind völlig in Ordnung. Wenn man mit einer Bürgerbewegung redet, ist das noch lange kein Schulterschluss", sagte AfD-Chef. Die Pegida-Bewegung sei ein neues Phänomen, das noch schwer einzuschätzen sei.
Dagegen riet Partei-Vize Hans-Olaf Henkel seiner Partei, auf Distanz zu gehen. "Wir sollten nicht Pegida nachlaufen, sondern die Vernünftigen unter den Demonstranten von unserem Programm überzeugen", sagte er der "Berliner Zeitung". Zugleich zeigte er wenig Sympathie für diese Bewegung. "Es geht ihnen ja nicht nur um die angebliche Islamisierung des Abendlandes." Die Anhänger behaupteten, patriotische Europäer zu sein. Man könne Hamburger sein und Deutscher. "Aber ein patriotischer Europäer - was soll das denn sein?", fragte Henkel.
Am Montagabend hatten sich erneut Tausende Demonstranten in mehreren deutschen Städten zu Protesten versammelt, darunter in Dresden und in Köln. Aus Protest gegen die Kundgebung wurde in der Stadt am Rhein unter anderem die Beleuchtung des weltberühmten Doms ausgeschaltet. In Dresden war es bereits die elfte Kundgebung. In Berlin kamen nur rund 300 Sympathisanten des Ablegers Bärgida. Ihr geplanter Zug zum Brandenburger Tor wurde von Gegendemonstranten behindert. Die Anhänger der Bewegung Pegida und ihrer Ableger protestierten dabei gegen eine von ihnen befürchtete Islamisierung des Abendlandes. Ihnen stellten sich zugleich Tausende Gegendemonstranten entgegen.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa