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Einstimmigkeit abschaffen? Scholz und von der Leyen uneins bei Thema EU-Abstimmung

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Von der Leyen hält viel vom Einstimmigkeitsprinzip. Scholz ist für größere Änderungen offen.

Von der Leyen hält viel vom Einstimmigkeitsprinzip. Scholz ist für größere Änderungen offen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Entscheidungen auf EU-Ebene bedürfen bei Themen der Sicherheitspolitik oder in Steuerfragen der Zustimmung aller Mitglieder. Kommissionspräsidentin von der Leyen sieht dafür gute Gründe, kann sich aber etwa in der Außenpolitik Änderungen vorstellen. Kanzler Scholz will jedoch bei weitaus mehr Themen Mehrheitsentscheide.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bremst bei der etwa von Deutschland geforderten Abschaffung der Einstimmigkeit bei EU-Entscheidungen. "Ich persönlich halte viel vom Einstimmigkeitsprinzip, weil das befriedet", sagte sie beim WDR-Europaforum. Die nötige Einstimmigkeit unter den 27 EU-Regierungen sorge dafür, dass alle Verantwortung übernähmen und niemand sagen könne, er habe nicht mitgestimmt. In der Außenpolitik sei sie aber sehr offen für den Übergang zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen. "Wir müssen nur aufpassen: Bei den großen, wichtigen Entscheidungen darf kein kleines Mitgliedsland befürchten, dass es überrannt und an die Seite gestellt wird", fügte die Kommissionschefin hinzu.

Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigte dagegen seine Forderung, die Einstimmigkeit in Bereichen wie der Außen- oder Steuerpolitik in der EU zu beseitigen, um auch in einer erweiterten EU funktionsfähig zu bleiben. Er sei zuversichtlich, dass dies auch gelingen könne. "Es reicht, dass wir eine einvernehmliche Entscheidung einmal treffen", betonte er. Man brauche für Änderungen in der Außen- oder Steuerpolitik auch keine EU-Vertragsänderungen und damit auch keine Ratifizierungsverfahren in den 27 Mitgliedstaaten. Man müsse die Debatte jetzt anschieben, auch mit Blick auf die geplanten Erweiterungen der EU.

Von der Leyen zu zweiter Amtszeit

Von der Leyen kündigte zugleich an, dass sie erst in der zweiten Jahreshälfte entscheiden werde, ob sie für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin antreten wolle. Derzeit sei in der EU Geschlossenheit und kein Wahlkampf gefragt. NATO-Generalsekretärin werde sie auf keinen Fall, betonte die CDU-Politikerin mit Blick auf die im Juli anstehende Entscheidung zur Führungsposition des Verteidigungsbündnisses. Die Bundesregierung und die CDU hatten bereits durchschimmern lassen, dass sie eine zweite Amtszeit von der Leyens an der Kommissionsspitze unterstützen würden.

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Scholz und von der Leyen setzten sich dafür ein, dass bei der Europawahl 2024 wieder das Spitzenkandidaten-Prinzip gelten sollte. Danach kann nur an die Spitze der Kommission rücken, wer zuvor Spitzenkandidat bei der Europawahl gewesen ist. Der Kanzler mahnte aber an, dass ein solches Prinzip dann auch eingehalten werden müsse, sonst habe die EU ein Problem. Die EU-Staats- und Regierungschefs schlagen eine Kandidatin oder einen Kandidaten meist aus der stärksten Parteienfamilie bei der Europawahl vor. Dann entscheidet aber das Europaparlament.

Nach der letzten Europawahl hatte etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron das Spitzenkandidaten-Prinzip nicht akzeptieren wollen. Deshalb war von der Leyen und nicht etwa der CSU-Politiker Manfred Weber als damaliger Spitzenkandidat der konservativen EVP-Gruppe an die Spitze der EU-Kommission gerückt. Anfang Mai hatte deswegen Webers CSU-Parteifreund Alexander Dobrindt eine Abkehr vom sogenannten Spitzenkandidaten-Prinzip vorgeschlagen. "Man sollte die Europawahl zu dem machen, was sie ist: eine Entscheidung über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, aber keine Entscheidung über die Führung der Europäischen Kommission", sagte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag der Funke-Gruppe.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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