Polen ignoriert Sanktionsdrohung Sejm beschließt umstrittene Justizreform
20.07.2017, 15:17 Uhr
Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo.
(Foto: dpa)
Trotz massiver Proteste stimmt Polens Parlament für die umstrittene Justizreform. Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass der Oberste Gerichtshof des Landes unter Regierungskontrolle gestellt wird. Experten befürchten, dass die Gewaltenteilung in Gefahr ist.
Unbeeindruckt von den Sanktionsdrohungen der EU-Kommission treibt Polens Regierung seine umstrittene Justizreform voran. Das Parlament nahm am Donnerstag einen nachgebesserten Gesetzentwurf der mit absoluter Mehrheit regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zur Neuordnung des Obersten Gerichts an. Künftig soll der Justizminister die Macht haben, die Richterkandidaten für den Obersten Gerichtshof auszuwählen.
Die Abgeordneten des von der rechtskonservativen Regierungspartei PiS kontrollierten Unterhauses stimmten mit 235 Ja-Stimmen für das Gesetz, 192 Parlamentarier votierten dagegen. 23 Parlamentarier enthielten sich. Dem in einer nächtlichen Justizausschuss-Sitzung überarbeiteten Gesetz müssen noch der Senat, in dem die Nationalkonservativen ebenfalls die Mehrheit haben, sowie Präsident Andrzej Duda zustimmen.
Experten bemängeln, die geplanten Änderungen am Obersten Gericht und Landesrichterrat KRS seien eine Gefahr für die Unabhängigkeit innerhalb von Polens Gewaltenteilung. Opposition und Kommission fürchten eine Einflussnahme der Regierenden auf Richter und Gerichte. Daran würden auch die Nachbesserungen nichts ändern, sagen Experten.
Die Änderungen bei der Zusammensetzung des Landesrichterrats seien verfassungswidrig, sagte der Sprecher des KRS-Gremiums. "Es ist ein schwarzer Tag in der Geschichte Polens", sagte Grzegorz Schetyna, Chef der Oppositionspartei PO.
Am Mittwoch hatte Brüssel Polens Regierende zum Stopp der Pläne aufgefordert und gedroht, ein Verfahren nach Artikel sieben des EU-Vertrages einzuleiten, der als schwerste Sanktion eine Aussetzung der Stimmrechte des Mitgliedstaates vorsieht. Die Kritik hatte Polens Außenministerium als "ungerechtfertigt" zurückgewiesen.
Quelle: ntv.de, kpi/AFP/dpa