Politik

Rettungsanker am Weißen Haus Trump strampelt im juristischen Treibsand

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Die Probleme werden zahlreicher für Donald Trump.

Die Probleme werden zahlreicher für Donald Trump.

(Foto: REUTERS)

Die juristischen Probleme von Donald Trump werden zahlreicher, der Ex-US-Präsident ist nun auch unter dem Anti-Spionage-Gesetz angeklagt. Ins Weiße Haus könnte er trotzdem wieder einziehen. Es dürfte noch dicker kommen.

Das erste Mal ist ein Ex-US-Präsident vor einem Bundesgericht angeklagt worden - und wer sollte es anderes sein als Donald Trump? Als er am Dienstag mit seinem Anwalt den Gerichtstermin hinter sich gebracht hatte, fuhr er in Kolonne bei einem bekannten kubanisch-amerikanischen Café in Miami vor. Trump präsentierte sich in bester Laune, betete mit den Anwesenden gegen den Kommunismus, die sich mit "Happy Birthday"-Gesängen bedankten - einen Tag zu früh, aber was macht das schon. Die Exilkubaner im US-Bundesstaat Florida hatten Trump 2020 mehrheitlich gewählt und ihm damit die dortigen Wahlleutestimmen gesichert.

Der nun 77-Jährige muss sich in Miami verantworten, weil er in seinem nahen Wohnsitz Mar-a-Lago Geheimdokumente aus seiner Amtszeit lagerte - unter anderem kistenweise im Badezimmer -, und allgemein einen recht laxen Umgang mit den Papieren und ihren Inhalten pflegte. Der Ex-Präsident ist zudem der Verschwörung mit einem Assistenten angeklagt, die Geheimdokumente dem Nationalarchiv vorzuenthalten und das Vergehen vor dem FBI versteckt zu haben. Bis es zur Razzia anrückte.

Die Anklage umfasst 37 Verstöße, gegen das Anti-Spionage-Gesetz, Vorwürfe der Falschaussage und Behinderung von Ermittlungen. Trump hat auf "nicht schuldig" plädiert. Und jetzt? Das juristische Prozedere könnte sich sogar bis zu einem Gerichtsprozess im übernächsten Jahr verzögern. Dann wäre die Präsidentschaftswahl schon gelaufen und säße Trump womöglich schon im Weißen Haus. Es könnte aber auch viel früher geschehen und Trump wandert im äußersten Fall ins Gefängnis. Wie es auch kommen mag: Die Anklage ist für seine politische Karriere so gefährlich wie keine zuvor.

Bisherige Prozesse endeten mit: Gefängnis

Als Nächstes steht am 27. Juni die Erklärung des Assistenten Walt Nauta an. Es ist unklar, ob sich die beiden gemeinsam vor Gericht verteidigen werden. Trump soll Nauta beauftragt haben, die Kisten mit Geheimdokumenten vor dem Anwalt des Ex-Präsidenten und den Ermittlern des FBI zu verstecken. Videoaufnahmen zeigen den 40-Jährigen, wie er die Kisten kurz vor der Razzia in Mar-a-Lago aus einem Lagerraum schaffte. Zudem soll Nauta das FBI angelogen haben. In den zurückgehaltenen Geheimdokumenten werden etwa nukleare Fähigkeiten anderer Staaten beschrieben. Sie zu verstecken und damit die Justiz zu behindern, dafür könnten beide zu Gefängnis bis an ihr Lebensende verurteilt werden. Ob Trump tatsächlich hinter Gitter wandern würde, lässt sich nicht beantworten. Ein möglicher Rettungsanker ist am Weißen Haus befestigt: US-Präsidenten können Verurteilte per Dekret begnadigen.

Wegen des Besitzes geheimer Dokumente sind bereits mehrere Regierungsmitarbeiter in Aufsehen erregenden Prozessen nach dem Anti-Spionage-Gesetz verurteilt worden, etwa Chelsea Manning zu 35 Jahren Gefängnis, oder Reality Winner zu mehr als 5 Jahren. Auch Wikileaks-Mitgründer Julian Assange ist so angeklagt worden. Zuletzt wurde ein Geheimdienstler verurteilt, der hunderte Dokumente zu Hause verwahrt hatte. Er bekannte sich schuldig, zeigte Reue, bekam aber trotzdem drei Jahre Haft.

Jack Smith, der Sonderermittler im Justizministerium für den Fall.

Jack Smith, der Sonderermittler im Justizministerium für den Fall.

(Foto: AP)

Trump versteckte rund 100 Dokumente, die mit der höchsten Geheimhaltungsstufe versehen waren, statt sie wie vorgeschrieben zurückzugeben. Das Anti-Spionage-Gesetz ist eines der wenigen, das vorsieht, dass ein Verurteilter kein öffentliches Amt mehr ausüben darf. Juristen sind sich nicht einig darüber, ob dies bei Trump so wäre, es gibt keinen Präzedenzfall eines gewählten Präsidenten. Die Tendenz geht dazu, dass die Wähler und damit der Kongress mehr Gewicht haben als das Strafrecht, heißt: Wenn die US-Amerikaner einen verurteilten Kriminellen zum Präsidenten haben wollen, sollen sie ihn haben.

Bis zu einem solchen Punkt ist es jedoch ein langer Weg. Trump wird den Prozessbeginn im Gerichtssaal mit verschiedenen Anträgen so lange wie möglich hinauszögern wollen, die Ermittler eigener Aussage zufolge das Gegenteil erreichen. Beginnt die Verhandlung in einem Jahr, was auch bei anderen Prozessen nicht ungewöhnlich ist, hätte Trump womöglich die Kandidatur der Republikaner für die Präsidentschaftswahl bereits so gut wie sicher. Nachdem die Anklage bekannt geworden war, gingen seine Umfragewerte unter Republikanern nach oben. Er führt unangefochten das Bewerberfeld an. Die Vorwahlen beginnen im Februar, die Wahl findet am 5. November 2024 statt.

Trump ernannte seine Richterin

Auch der verantwortliche Richter wird eine wichtige Rolle spielen, mindestens beim Faktor Zeit. Bislang ist Aileen Cannon verantwortlich - sie war von Trump vor drei Jahren zur Bundesrichterin ernannt worden. Cannon ist Mitglied in der konservativen Juristenvereinigung "Federalist Society". Sie hatte den Ermittlern von FBI und Staatsanwaltschaft untersagt, die bei Trump beschlagnahmten Dokumente einzusehen, und folgte damit einem Antrag von dessen Anwälten. Eine höhere Instanz kassierte die Entscheidung wieder. Es ist keinesfalls gesagt, dass Cannon auch den Prozess leitet. Das US-Justizsystem sieht vor, Richter zufällig auszuwählen. Wegen der Vielzahl von konservativen Bundesrichtern in Florida ist es wahrscheinlich, dass auch ihr möglicher Nachfolger ein von Trump ernannter Richter sein wird, schreibt "Politico".

Mehr zum Thema

Als die Anklage des Sonderermittlers Jack Smith vergangene Woche bekannt geworden war, schmissen zwei von Trumps Anwälten hin. Einen Monat zuvor hatte sich bereits ein anderer Jurist aus dem Team verabschiedet. Der Ex-Präsident wurde bei seiner Vorladung von Todd Blanche begleitet, der ihn auch im Fall der Schweigegeldzahlungen an den Ex-Pornostar Stormy Daniels vor einem Gericht in New York vertritt. Der erste Schritt nach seinem Gerichtstermin ist für Trump nun, sein Verteidigungsteam neu zusammenzustellen. In den kommenden Monaten wird die Staatsanwaltschaft der neu formierten Verteidigung immer wieder ihre Beweise vorlegen, anhand derer sie dann ihre Strategie entwickelt.

Wie auch immer die aussehen wird: Trump strampelt im Treibsand. Weitere Anklagen und Prozesse hat er noch vor sich, etwa wegen mutmaßlicher Beihilfe zum Aufstand am 6. Januar 2021, als Trump-Anhänger versuchten, die Auszählung der Wahlleutestimmen im Kongress zu verhindern. Solche Probleme politisch auszunutzen ist zwar eines von Trumps großen Talenten. Aber während ihn seine Basis dafür liebt, hat er damit zugleich andere zahlreich wie nie an die Urnen getrieben, die ihn 2020 abwählten. Dass die Exilkubaner ihn davor bewahren können, ist unwahrscheinlich. Wer polarisiert, kann auch verlieren.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen