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Was geht uns Europa an? Trump und republikanische Wähler wollen keine Ukraine-Hilfen

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Kanalisiert Stimmungen der Basis: Donald Trump

Kanalisiert Stimmungen der Basis: Donald Trump

(Foto: REUTERS)

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zu einer historischen Veränderung geführt: Nur ein Bruchteil der Republikaner findet die Hilfen für Kiew richtig. Die Mehrheit will, dass sich die USA aus dem Weltgeschehen raushalten. Trump steht auf ihrer Seite.

Weltfrieden durch seine persönliche Stärke. Das verspricht Donald Trump den USA, falls er im November wieder ins Weiße Haus einzieht. "Wegen Schwäche und Unfähigkeit hat uns Joe Biden an den Rand des dritten Weltkriegs gebracht", attackierte der Republikaner den US-Präsidenten im Wahlkampf der vergangenen Wochen. Würde er statt des Demokraten Präsident, hätte er "einen Friedensvertrag innerhalb von 24 Stunden ausgehandelt", um Russlands Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden.

Wenn es so einfach ist, warum also viele weitere Milliarden US-Dollar ausgeben, um den ukrainischen Streitkräften mit Waffen, Munition und weiteren Hilfen zu unterstützen? Viele republikanische Wähler halten einen Krieg in Europa, der am Ende mit Steuern bezahlt wird, angesichts anderer Probleme für nicht so dringend. Zudem fehlen militärische Ergebnisse, um die Hilfen einfacher zu rechtfertigen: Die ukrainische Sommeroffensive des vergangenen Jahres ist gescheitert. Ohnehin ist für Republikaner neben der eigenen Wirtschaft die Immigration samt der US-Südgrenze zu Mexiko eines der wichtigsten Themen.

Unter anderem benötigt die Ukraine dringend Artillerie-Munition.

Unter anderem benötigt die Ukraine dringend Artillerie-Munition.

(Foto: REUTERS)

Das ist nicht neu, Angelegenheiten vor der eigenen Haustür und im Geldbeutel sind nun mal wichtiger für die Menschen. Doch so deutlich wie jetzt war das schon lange nicht mehr. Seit einem halben Jahrhundert fragen die Meinungsforscher vom "Chicago Council on Global Affairs" die US-Bürger, ob es besser für die Zukunft des Landes wäre, sich aus dem Weltgeschehen herauszuhalten oder eine aktive Rolle einzunehmen. Unter republikanischen Wählern sagen 53 Prozent, die USA sollten sich heraushalten. Es ist das erste Mal seit 1974, dass es unter Republikanern eine Mehrheit gibt, die es lieber sähe, dass sich die USA nicht einmischen. 47 Prozent sind für eine aktive Rolle ihres Landes.

"Republikaner haben zu entscheiden"

Trump macht damit Wahlkampf, weil ihm die Position vorwiegend Stimmen bei den Republikanern, aber auch weit darüber hinaus einbringen kann. Der Fast-Präsidentschaftskandidat will auch einen Kuhhandel im Kongress verhindern, um Biden einen politischen Erfolg zu versagen und von der Krise im Wahlkampf zu profitieren. Der Deal könnte angesichts der historisch hohen Zahl an Immigranten an der US-Südgrenze viel zusätzliches Geld für effektivere Kontrollen und für Bearbeitung von Asylanträgen bringen. Zugleich enthält das 118,3-Milliarden-Dollar-Paket auch neue Militärhilfen für die Ukraine, Israel und Taiwan. Sogar das "Wall Street Journal", beileibe kein Haus-und-Hof-Blatt der Demokraten, sprach sich für den Deal aus: "Das Gesetz beinhaltet Reformen, in deren Nähe Trump nie kam."

Im Weißen Haus appellierte Biden am Dienstag an die Republikaner im Kongress, den ausgehandelten Kompromiss zu verabschieden. Er sprach dabei hauptsächlich über die Grenze. Doch der Präsident unterstrich auch die Notwendigkeit der Hilfen für die Ukraine. "Jede Woche, jeder Monat, der ohne weitere Hilfen vergeht", bedeute weniger Artilleriemunition, weniger Luftabwehr und weniger Werkzeuge, um sich gegen den russischen Ansturm zu wehren, sagte er. "Die Republikaner haben zu entscheiden, ob sie Donald Trump dienen oder der amerikanischen Bevölkerung." Die USA müssten aufhören, Spiele mit der Welt zu treiben.

Sollte der Deal scheitern, müssten sich Demokraten und Republikaner ohne Grenzreform auf Ukraine-Hilfen einigen. Es steht in den Sternen, ob das möglich ist. Bei republikanischen Wählern war die Skepsis mit Blick auf den Ukraine-Krieg schon lange größer als bei den Demokraten. Nun, da die Wahlen näher rücken - und damit auch die Jobs der Abgeordneten auf dem Spiel stehen, denn das komplette Repräsentantenhaus wird neu gewählt -, achten die Politiker mehr darauf. Seit Russlands groß angelegtem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 hat sich die Unterstützung für die Hilfen unter den Wählern stetig verringert.

Die Krisenkosten steigen

Im Dezember sagten nur noch 20 Prozent der Republikaner, sie hielten die Höhe der Hilfe für richtig; 48 Prozent meinten, die USA zahlten zu viel. Auch 16 Prozent der Demokraten ist die Unterstützung zu groß, allerdings finden sie 39 Prozent von ihnen angemessen. Doch die Zahlen zeigen deutlich, dass mit neuen Hilfspaketen kaum eine Wahl zu gewinnen ist. Trumps Team lässt zugleich wissen, dass ihr Chef nach einem Wahlsieg auch andere Verteidigungshilfen für Europa kürzen, die Wirtschaftsbeziehungen zu China einschränken und wieder mit Einfuhrzöllen außenpolitischen Druck aufbauen würde.

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In der Partei der Republikaner sind isolationistische Ansichten wie die Trumps mehrheitsfähig, sind aber keinesfalls einheitlich. Es gibt auch andere Positionen. Nikki Haley etwa, die einzige verbliebene Bewerberin neben Trump um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, will Kiew weiterhin so weit wie möglich unterstützen. Doch die außenpolitischen Krisen, an denen die USA ein sicherheitspolitisches und geostrategisches Interesse hat, sind durch den Krieg in Israel und die Spannungen in Nahost mehr geworden. Die Krisenkosten steigen. Zuletzt flogen die USA Vergeltungsangriffe auf mit dem Iran verbündete Kräfte.

Mike Johnson, Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, klingt nicht danach, als würde er Hilfen grundsätzlich ablehnen. Israel in seinem Krieg gegen die Palästinenser zu helfen, sei eine Priorität, sagte er am Montag. "Ukraine ist eine weitere Priorität", erklärte er. "Natürlich können wir es nicht zulassen, dass Wladimir Putin durch Europa marschiert." Die Republikaner verstünden die Notwendigkeit, zu helfen. Zu den Verhandlungen mit den Demokraten gab Johnson sich optimistisch: "Ich bin sicher, dass wir das schaffen können." Dafür müssten sich die Republikaner aber - mindestens ein Teil und mindestens vorübergehend - von Trump emanzipieren.

Quelle: ntv.de

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