Politik

Erster Erfolg vor Krisengipfel Waffenruhe und Abrüstung verabredet

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Raketenangriffe und Tote - in der Ukraine wird weiter heftig gekämpft. Derweil ringen Diplomaten und Rebellen in Minsk darum, vor den Friedensverhandlungen möglichst viele Streitfragen auszuräumen.

Einen Tag vor dem geplanten Ukraine-Gipfel hat es im Osten des Landes weiter heftige Gefechte gegeben. Die Regierung in Kiew warf den prorussischen Separatisten einen Angriff mit russischen Raketen auf das Armeehauptquartier in Kramatorsk vor. Insgesamt wurden demnach in den Konfliktregionen 23 Menschen getötet.

In Weißrusslands Hauptstadt Minsk bemühten sich Diplomaten und Rebellen derweil, vor den für Mittwoch geplanten Friedensverhandlungen Streitfragen auszuräumen. Ein erster Erfolg wurde dabei am Dienstagabend offenbar erzielt. Die russische Agentur Tass berichtete unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Informanten, die Gruppe habe sich unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auf eine Feuerpause und den Rückzug schwerer Waffen geeinigt. Dafür gab es aber zunächst keine offizielle Bestätigung.

Alle wollen den Frieden, außer Russland?

Den Berichten zufolge war der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma mit einem Mandat der proeuropäischen Führung in Kiew nach Minsk gereist. Aus den nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine befanden sich die Separatistenvertreter Wladislaw Dejnego sowie Puschilin vor Ort. An den Gesprächen nahmen auch der russische Diplomat Michail Surabow und Heidi Tagliavini von der OSZE teil.

Trotz des vorherigen Wiederaufflammens der Kämpfe richten sich die Friedenshoffnungen auf den Krisengipfel. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande sollen dort zu einem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko eintreffen. Hollande sagte, er reise mit dem "festen Willen zum Erfolg" zu den Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini appellierte an die Konfliktparteien, sich auf eine Friedensvereinbarung zu einigen. "Diese Chance dürfen wir nicht vertun", sagte sie in Straßburg.

Seinen Wunsch nach Frieden in der Ostukraine hat auch US-Präsident Barack Obama vor dem Krisentreffen noch einmal deutlich gemacht. Er telefonierte am Abend mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. In dem Gespräch sei es um die eskalierende Gewalt in der Ostukraine und um "Russlands anhaltende Unterstützung für die Separatisten" gegangen, hieß es aus dem Weißen Haus in Washington. Zudem habe Obama erneut darauf gepocht, "die Souveränität und die territoriale Integrität" der Ukraine zu achten. Sollte Russland aber seine "aggressiven Taten" in der Ukraine fortsetzen, würden Moskaus "Kosten" dafür steigen. Konkret warf der US-Präsident Putin vor, Truppen, Waffen und finanzielle Mittel in die Ukraine zu senden, um die Separatisten zu unterstützen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier von der SPD warnte jedoch vor einem Scheitern des Treffens. "Die Gespräche haben bisher Sinn gemacht", sagte er in Berlin. "Aber es sind noch viele Fragen offen, die bis zum Beginn des Gipfels in Minsk gelöst werden müssen." Besorgt äußerte er sich, dass das Treffen in Minsk noch durch neue Gewaltakte in der Ukraine verhindert wird."Nicht zum ersten Mal hätte ein Akt politischer Sabotage, ein gezielt abgefeuerter Treffer alle Hoffnungen auf eine Waffenruhe zunichte gemacht." Steinmeier hoffe darauf, dass keiner der an den Kämpfen Beteiligten die Sache soweit treibt, dass durch die Explosion von Gewalt Minsk noch in Frage gestellt wird.

Neue Offensive gegen prorussische Separatisten

In der Ukraine haben Einheiten bei der Hafenstadt Mariupol im Süden des Landes eine Offensive gegen prorussische Separatisten gestartet. "Wir wollen die Aufständischen von Positionen zurückdrängen, von denen sie in die Stadt feuern können", sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko. Nach jüngsten Geländegewinnen der Aufständischen hatten Vertreter der Regierungstruppen mehrfach Unzufriedenheit mit der Armeeführung geäußert.

Präsident Poroschenko warf feindlichen Kämpfern vor, bei massiven Angriffen mit russischen Raketenwerfen nahe Kramatorsk Unbeteiligte getötet zu haben. Dabei seien mindestens sieben Zivilisten getötet und 26 verletzt worden, teilte die Donezker Gebietsverwaltung mit. Auf dem örtlichen Militärflughafen wurden zudem 38 Soldaten verletzt. Die Aufständischen wiesen die Vorwürfe zurück.

Krisentreffen könnte wegweisend sein

Zur Beruhigung der Lage im Donbass wollen die vier Staats- und Regierungschefs an diesem Mittwoch in Minsk einen neuen Waffenstillstand aushandeln. Das Treffen gilt als entscheidend für die Zukunft der Ostukraine. Dass es zustande kommt, ist noch nicht garantiert. Russland teilte mit, es rechne mit den Gesprächen. "Die Vorbereitungen laufen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. US-Präsident Barack Obama und Poroschenko zeigten sich nach Angaben des Weißen Hauses bei einem Telefonat einig, dass Russland die Bedingungen des Minsker Abkommens vom September einhalten müsse. Obama versicherte, dass die USA dem krisengeschüttelten Land in Absprache mit anderen Partnern weiterhin mit Finanzhilfen zur Seite stünden.

Peskow kritisierte die vom Westen angedrohten neuen Sanktionen und erwogenen Waffenlieferungen im Ukraine-Konflikt als weiteren Versuch einer Destabilisierung. "Russland ist ein Land, das wirklich an der Lösung der Krise interessiert ist", sagte der Kremlsprecher. "Alle anderen Pläne einer Verschärfung der Sanktionen, einer Isolation (Russlands), einer Lieferung von Waffen und so weiter - das alles sind leider Schritte einer Destabilisierung der Lage in der Ukraine", meinte er.

Quelle: ntv.de, tno/dpa/AFP/rts

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