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Warnstreik bei "Hart aber fair" "Hoffe, dass Arbeitgeber den Schuss gehört haben"

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Die Diskussion bei "Hart aber fair" verlief äußerst temperamentvoll.

Die Diskussion bei "Hart aber fair" verlief äußerst temperamentvoll.

(Foto: IMAGO/Horst Galuschka)

Der eintägige Warnstreik im Verkehrsbereich ist zu Ende. Die Diskussion darüber, ob er angemessen war, geht weiter. Bei "Hart aber fair" führen die Gäste eine lebhafte Diskussion zu dem Thema. Dabei geht es auch um eine Änderung des Streikrechts.

Zunächst die gute Nachricht: Das große Verkehrschaos ist ausgeblieben. Trotzdem wird über den Verkehrsstreik am Montag heftig diskutiert - auch in der Sendung "Hart aber fair" im Ersten. Einer der Gäste fordert sogar, das Streikrecht einzuschränken. Die Diskussion ist engagiert, die Teilnehmerinnen fallen sich immer wieder ins Wort, Moderator Klamroth hat nicht immer die volle Kontrolle über die Sendung und versäumt es, bei Unwahrheiten oder Irrtümern seiner Gäste zu widersprechen.

Zum Beispiel, als Familienunternehmerin Marie-Christine Ostermann den Streik "völlig unverhältnismäßig" nennt, weil die Verhandlungen im öffentlichen Dienst gerade erst angefangen hätten. Es ist die Trambahnfahrerin und Betriebsrätin Julia Riemer aus München, die die Behauptung später richtigstellt: Es ist bereits die dritte Verhandlungsrunde, die Tarifverhandlungen laufen bereits seit zwei Monaten.

Ostermann jedenfalls ärgert sich: Die Gewerkschaft Verdi habe "die Megakeule rausgeholt mit so krassen Einschränkungen für die Wirtschaft." Außerdem würden hohe Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst auch in der Privatwirtschaft zu hohen Tarifforderungen führen, sagt sie. Ihr Unternehmen, das Fertiggerichte für Altenheime und Krankenhäuser herstellt, habe durch die Corona-Krise sehr gelitten, nun kämen Ukrainekrieg und Energiekrise hinzu. In ihrem Bereich forderten die Gewerkschaften Lohnerhöhungen von 13 Prozent, behauptet sie - in Wahrheit liegen die Forderungen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten bei 10 bis 12 Prozent. Trotzdem weiß Ostermann nicht, wie sie und die Mitglieder im Interessenverband "Die Jungunternehmer", zu dessen Präsidium sie gehört, die geforderten Gehaltserhöhungen zahlen sollen.

"Gehaltserhöhungen, aber moderat"

Gehaltserhöhungen möchte auch Gitta Connemann von der CDU-Mittelstandsvereinigung, aber moderat sollten sie sein. Ihr geht es nicht um den Streik an sich, "aber zu einem so frühen Zeitpunkt ist er unverhältnismäßig, weil er sich nicht gegen Arbeitgeber richtet. Hier richtet er sich gegen unbeteiligte Dritte", sagt sie. Damit meint sie andere Arbeitnehmer, Patienten und Familien. Sie beklagt, dass von den geforderten Lohnerhöhungen am Ende nicht viel bei den Beschäftigten ankäme. "Im Moment hat der Bundesfinanzminister die klebrigsten Finger", sagt sie. Durch eine Tariferhöhung verdiene vor allem der Bund, weil er mehr Steuern einnimmt. Connemann: "Mein Appell ist, einen Teil dieser Gewinne an die Arbeitnehmer und an die Betriebe zurückzugeben, statt sie zu belasten. Denn vielen steht das Wasser bis zum Hals."

Gleichzeitig fordert Connemann eine Verschärfung des Streikrechts. "Es geht darum, bei kritischer Infrastruktur die Ankündigungspflicht eines Streiks gesetzlich festzulegen. Es geht um die Sicherstellung eines Notdienstes und um die Vorschaltung eines verbindlichen Schlichtungsverfahrens. Der Streik muss das letzte Mittel sein."

"Wir verdienen Anerkennung"

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Damit stehe Connemann in der CDU alleine, sagt Linken-Chefin Janine Wissler. Sie unterstützt den Streik, die Forderungen der Gewerkschaften hält sie für richtig. "Wir müssen überlegen, über wen wir hier reden: Über die Heldinnen und Helden der Corona-Krise, die Busse, Bahnen und Straßenbahnen fahren, die unsere Angehörigen pflegen und unsere Kinder betreuen." Die Angebote der Arbeitgeberseite würden für die Beschäftigten Lohnkürzungen bedeuten. Besonders im Pflegebereich herrsche Personalmangel, weil die Menschen nicht genug verdienen. "Nicht der Streik gefährdet die Patienten, sondern der Normalzustand", so Wissler.

"Es reicht nicht mehr aus, auf dem Balkon zu stehen und zu applaudieren", sagt Trambahnfahrerin Julia Riemer. "Wir arbeiten zwölf Stunden am Tag im Straßenverkehr, wir haben Schichtdienst, müssen oft morgens um halb vier das Haus verlassen, können nichts mit der Familie planen. Dafür verdienen wir Anerkennung." Richtig sei, dass die Steuerzahler die höheren Lohnforderungen bezahlen müssten. "Aber sie profitieren auch davon: durch bessere Pflege, ausgeglichenes Personal und Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr. Wir brauchen eine Verkehrswende, und das geht nur mit mehr Personal." Auch Julia Riemer hat gestreikt am Montag. Und sie hat einen Wunsch: "Ich hoffe, dass die Arbeitgeber vernünftig werden und den Schuss heute gehört haben."

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 28. März 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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