Griechenland bleibt hart "Wir bitten keinesfalls um Verlängerung!"
17.02.2015, 16:57 Uhr
Die Forderung auf diesem Schild vor dem griechischen Parlament bedeutet: Setzt Griechenland nicht weiter unter Druck.
(Foto: imago/Wassilis Aswestopoulos)
Der wirtschaftspolitische Berater des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras schließt kategorisch aus, dass Athen eine Verlängerung des Hilfsprogramms beantragen wird. Dann wäre Griechenland Ende Februar pleite. Bis zum Sommer könnte das Land sich noch finanzieren. Danach droht eine Krise - "sowohl in Griechenland als auch im übrigen Europa".
n-tv.de: Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagt, er "hoffe", dass Griechenland um eine Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms bittet. Wie viel Spielraum haben Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis überhaupt noch?
Theodoros Paraskevopoulos: Ich möchte zunächst diese Hoffnung enttäuschen. Griechenland wird nicht um eine Verlängerung bitten.

Theodoros Paraskevopoulos ist wirtschaftspolitischer Berater der griechischen Regierungspartei Syriza und des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras.
(Foto: n-tv.de)
Auf keinen Fall?
Nein.
Warum nicht?
Das Programm ist wirtschaftlich gescheitert, bei den Wahlen in Griechenland ist es auch politisch gescheitert. Ein solches Programm werden wir nicht verlängern.
Warum sollte der Rest der Eurogruppe Griechenland entgegenkommen?
Griechenland steht nicht gegen den Rest der Eurogruppe. In den Ländern Europas wird diskutiert, auch in den europäischen Regierungen, Parteien und Gewerkschaften wird diskutiert. Es geht um Gruppen, Parteien und Regierungen, die den jetzigen Kurs fortsetzen wollen.
Aber um Ihre Frage zu beantworten: Weil Europa - wie auch Griechenland! - Stabilität braucht, wirtschaftliche, finanzwirtschaftliche und außenpolitische Stabilität. Das bietet Griechenland dem übrigen Europa: keine Wirtschaftskrise, keine Finanzkrise und keine außenpolitische Krise. Deswegen können wir uns einigen.
Die deutsche Interpretation dieser Position ist: Die Gläubiger sollen der griechischen Regierung Milliarden zur Verfügung stellen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten.
Was für eine Gegenleistung?
Beispielsweise die Verpflichtung, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Strukturreformen durchzuführen.
Diese Strukturreformen sind längst Teil unseres Programms, die haben nichts mit einem Abkommen über unsere Schulden zu tun. Wir wollen eine funktionierende Verwaltung, eine funktionierende Finanzverwaltung, eine Bekämpfung der Korruption sowie ein gerechtes Steuersystem. Das steht bislang nicht in unserem Abkommen mit der EU, aber es stand in dem Papier, das EU-Währungskommissar Pierre Moscovici vorgelegt hat. Nur: Wenn wir von einer Bekämpfung der Korruption reden, dann ist das für manche in Deutschland nicht immer günstig. Denn das heißt, dass Korruptionsaffären wie die um Siemens und Rheinmetall noch einmal aufgerollt werden und an den Staatsanwalt gehen. Und es heißt, dass wir die Auslieferung von Wirtschaftskriminellen von Deutschland fordern werden.
Denken Sie an bestimmte Personen?
Es gibt Siemens-Manager, die sehr aktiv in die Korruptionsaffäre verwickelt waren, die von Deutschland aber nicht an Griechenland ausgeliefert werden.
Weil sie deutsche Staatsbürger sind?
Doppelte Staatsbürger. Meinetwegen können sie in Deutschland vor Gericht gestellt werden.
Das Moscovici-Papier von gestern Abend, das Sie angesprochen haben, soll von Dijsselbloem kassiert worden sein.
Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat gesagt, er hätte es sofort unterschrieben.
Finanzminister Schäuble sagt, Griechenland sei "aufgrund eigener Versäumnisse in diese schwere Krise hineingeraten". Stimmt das nicht?
Wolfgang Schäuble sollte mal einen Aufnahmeantrag bei unserer Partei stellen. Denn wir sagen das seit zwanzig Jahren.
Derzeit finanzieren unter anderem die baltischen Länder, in denen der Lebensstandard sicher niedriger ist als in Griechenland, den griechischen Staatshaushalt. Ist das nicht zutiefst ungerecht?
Wir haben von Anfang an gesagt, dass diese Finanzierung zu Lasten der europäischen Völker geht. Deswegen haben wir ja auch im griechischen Parlament gegen diese Finanzierung gestimmt - wie alle linken Parteien in den anderen europäischen Parlamenten auch.
Am 28. Februar läuft das von Ihnen abgelehnte Programm aus. Halten Sie es für möglich, dass Griechenland bald pleite ist?
Pleite heißt, man kann seine Schulden nicht bedienen. Bisher hat Griechenland seine Schulden bedient, indem es von den Ländern, denen es Geld schuldet, Geld bekommen hat, um diese Schulden zu bedienen. Es ist sehr gut möglich, dass Griechenland diese Schulden bald nicht mehr bedienen kann. Deshalb müssen wir ja reden - auch mit den baltischen Ländern, die dieses Geld bitter nötig haben.
Wie wollen Sie sich finanzieren, wenn es keine Einigung gibt?
Wir können uns finanzieren. Schwierig wird es im Sommer. Wenn wir bis Juli nicht zu einer Vereinbarung kommen, dann gibt es eine Krise - sowohl in Griechenland als auch im übrigen Europa.
Bis zum Sommer reicht Griechenlands Geld noch?
Das können wir hinkriegen, ja.
Wie ist die Stimmung in Griechenland? Angeblich ziehen die Griechen Geld von ihren Konten ab und bringen es ins Ausland.
Ins Ausland bringen sie es nicht. Eine Untersuchung der griechischen Banken hat gezeigt, dass die Leute ihr Geld verstärkt zuhause aufbewahren. Ich glaube, wenn die Situation sich normalisiert, wird das Geld zurückkommen.
An diesem Mittwoch entscheidet die Europäische Zentralbank über die Verlängerung der sogenannten ELA-Kredite. Es könnte sein, dass diese Kredite eingestellt werden. Was würde das für Griechenland bedeuten?
Das wäre schlimm. Das wäre wirklich schlimm.
Ist denkbar, dass das passiert?
Zwei Drittel der Zentralbankdirektoren müssen dafür stimmen. Bei einigen von ihnen halte ich es für unwahrscheinlich.
Mit Theodoros Paraskevopoulos sprachen Hubertus Volmer und Jan Gänger
Quelle: ntv.de