Kommentare

Großmutter for President? Clintons Kandidatur ist ein Fehler

AP311569648429.jpg

(Foto: AP)

Die Fixierung der Demokraten auf Hillary Clinton hat verhindert, dass sich aussichtsreiche Kandidaten aus der Deckung trauen. Eine 68-Jährige soll das Weiße Haus erobern? Das wird schiefgehen. Leider.

Das wäre dann also geklärt, Hillary Clinton will im nächsten Jahr US-Präsidentin werden und sagt es am Sonntag endlich öffentlich. Eigentlich ist diese Nachricht so interessant wie ein Bericht über das Ende der Osterferien. Trotzdem lohnt es, kurz darüber nachzudenken, was Clintons Kandidatur bedeutet. Um es vorwegzunehmen: nichts Gutes. Die Rückkehr der Falken ist wahrscheinlicher geworden.

Seit ihrem Rücktritt als Außenministerin im Februar 2013 kokettierte Hillary Clinton damit, jetzt noch nicht offen über ihre Zukunft sprechen zu können - wobei immer klar war, dass in dieser Zukunft eine Präsidentschaftskandidatur fest eingeplant ist. Die ehemalige First Lady verhinderte so, dass sich weitere aussichtsreiche Kandidaten aus der Deckung trauen.

Damit wird Clinton nun allein gegen eine Gruppe von Republikanern antreten, von denen einige das Zeug hätten, sie zu schlagen. Denn Hillary 2016 ist nicht mehr die strahlende Verheißung, die sie bei ihrem ersten, gescheiterten Versuch 2008 war. Schon grundsätzlich ist es schwer für eine Partei, nach den zwei möglichen Amtszeiten eines Präsidenten das Weiße Haus ein drittes Mal zu erobern; seit 1945 ist das nur zwei Mal gelungen.

Dazu kommt Clintons E-Mail-Affäre, vor allem aber ihr Alter. Im Oktober wird sie 68, seit einem halben Jahr ist sie Großmutter. Natürlich ist die Frage, ob eine Großmutter Präsidentin sein kann, geschmacklos, vielleicht auch sexistisch. Aber sie wird gestellt. Clinton selbst antwortet darauf, viele Präsidenten seien Großväter gewesen. Stimmt. Aber nur zwei waren beim Amtsantritt 68 oder älter.

Ein Republikaner im Weißen Haus wäre ein echtes Problem

Mit ihrer Fixierung auf Hillary Clinton gehen die Demokraten ein hohes Risiko ein - auch für den Rest der Welt. In der Amtszeit von Barack Obama haben sich die Republikaner stark radikalisiert. Im Kampf gegen Obama ist ihnen so gut wie jedes Mittel recht - da wird der israelische Regierungschef ins Parlament eingeladen, um dort gegen den Präsidenten zu agitieren, da schreiben 47 Senatoren an die Führung des Iran, um die Außenpolitik des Präsidenten zu unterlaufen. Hätten Demokraten sich unter Obamas Vorgänger George W. Bush Ähnliches geleistet, die Republikaner hätten ihnen Hochverrat vorgeworfen - mindestens.

Mag sein, dass die Republikaner sich etwas beruhigen, wenn im Weißen Haus einer von ihnen und kein schwarzer Präsident mehr sitzt. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die republikanischen Senatoren und Abgeordneten weiter auf radikale Konfrontation setzen. Mindestens drei der Senatoren, die den Brief an den Iran unterzeichneten, wollen Präsident werden: Ted Cruz, Rand Paul und Marco Rubio. Floridas Ex-Gouverneur Jeb Bush ist nicht Senator, er hat daher nicht unterschrieben, seine Unterstützung für den Brief hat er dennoch bekundet.

Ein solcher Präsident wäre für die Welt, für Europa zumal, ein echtes Problem. Im Konflikt mit Russland etwa wollten die Republikaner Waffen an die Ukraine liefern, um den Krieg im Osten des Landes immer "teurer" für den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu machen. Obama hat Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre Verhandlungsstrategie dennoch Rückendeckung gegeben. Wäre 2008 John McCain, Obamas republikanischer Mitbewerber, Präsident geworden, hätte die Sache anders ausgesehen.

Für die Demokraten dürfte es zu spät sein, auf einen anderen Kandidaten zu setzen. Die Einzigen, denen überhaupt zugetraut wird, Clinton in den Vorwahlen zu besiegen, sind Senatorin Elizabeth Warren und Vizepräsident Joe Biden. Beide zeigen bislang keine Ambitionen, antreten zu wollen - und Biden ist sogar noch älter als Clinton. Gut möglich, dass die Demokraten es in anderthalb Jahren bedauern werden, zu feige gewesen zu sein.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen