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Falsche Familienpolitik Schäuble gibt denen, die schon haben

Ein Paar (wirklich preiswerte) Schuhe können sich Eltern von der Kindergelderhöhung kaufen. Mehr nicht.

Ein Paar (wirklich preiswerte) Schuhe können sich Eltern von der Kindergelderhöhung kaufen. Mehr nicht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Finanzminister Schäuble will Kinderfreibetrag und Kindergeld erhöhen, Alleinerziehenden will er nicht helfen. Das ist Familienpolitik von gestern. Leider ist es nicht das einzige Problem.

Der Kinderfreibetrag soll um 240 Euro erhöht werden, das Kindergeld um sechs Euro. Viel ist das nicht, aber die Höhe ist nicht das Problem: Ein Skandal ist, dass Finanzminister Schäuble diese Erhöhungen beschlossen hat, ohne sie mit der zuständigen Familienministerin abzusprechen.

Aber es ist noch schlimmer: Schäubles Pläne sind ungerecht. Den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende will der Finanzminister nicht erhöhen, obwohl der Koalitionsvertrag das so vorsieht - und obwohl dieser Freibetrag seit zehn Jahren nicht erhöht wurde und dies dringend geboten wäre.

Für Alleinerziehende sind Kinder ein Armutsrisiko; zwei von fünf Alleinerziehenden beziehen Hartz IV. Wer so weit nach unten abgerutscht ist, bekommt künftig immerhin 20 Euro mehr, denn den Kinderzuschlag für Geringverdiener will Schäuble dann doch anheben. Aber mittlerweile ist fast jede fünfte Mutter in Deutschland alleinerziehend. Deren spezielle Nöte sind Schäuble offenkundig egal.

Lieber finanziert er eine Familienpolitik von gestern - mit Summen, die so niedrig sind, dass man am liebsten darauf verzichten würde. Geht aber nicht - zumindest sagen Konservative das gern. Das stimmt aber nur zum Teil. Es wäre durchaus möglich, den Kinderfreibetrag auf seinen Kern zu reduzieren, indem man - wie von der SPD vorgeschlagen - den Freibetrag für Betreuung und Erziehung streicht. Das "sächliche Existenzminimum" von Kindern bliebe unangetastet.

Auf eine Erhöhung des Kindergelds dagegen hätte Schäuble einfach so verzichten können. Dann allerdings wäre den Wählern eine weitere eklatante Gerechtigkeitslücke aufgefallen: Gutverdiener erhalten über den Kinderfreibetrag mehr Geld vom Staat als Mäßig- bis Normalverdiener. Wer Reichensteuer bezahlt, erhält im Schnitt rund 90 Euro mehr als Kindergeldbezieher.

Für diese Ungerechtigkeit ist Schäuble nicht verantwortlich, sie ist ein Strukturproblem. Davon gibt es in Deutschland einige: Kindergeldbezieher sind in der Regel als Angestellte beschäftigt, zahlen also Sozialabgaben - in derselben Höhe wie Arbeitnehmer ohne Kinder. Das kann man mit guten Gründen verfassungswidrig nennen.

Familienministerin Schwesig will sich mit Schäubles Plänen nicht zufrieden geben. Das ist schon mal ein Anfang. Nötig wäre allerdings, dass die Politik die Unterstützung von Familien einer Generalrevision unterzieht. Mit der Union ist das bislang leider nicht zu machen. Sie verfährt weiter nach dem Motto: Wer hat, dem wird gegeben.

Quelle: ntv.de

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