Pressestimmen

Putins Drohung an die Türkei "Der Kreml lügt mit der Wahrheit"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Russlands Präsident Wladimir Putin verschärft im Streit mit der Türkei die Tonart. In seiner "Rede an die Nation" droht er den Verantwortlichen in Ankara wegen des Abschusses eines russischen Jets Ende November mit Konsequenzen. Der Konflikt zwischen den beiden Ländern bringe den Westen in eine Bredouille, kommentiert die Presse.

"Einmal mehr lässt Wladimir Putin seine Propagandamaschine auf Hochtouren laufen", kommentiert die Welt Putins markige Worte in Richtung der türkischen Regierung. Dennoch könne man die Äußerungen des russischen Präsidenten nicht gänzlich abtun: "In diesem Fall lügt der Kreml mit der Wahrheit. Dass die Türkei unter dem "moderaten" Islamisten Erdogan trübe Kanäle zu dem dschihadistischen Horrorgebilde unterhält, ist für informierte Zeitgenossen ein offenes Geheimnis." Jetzt stehe der Westen mit einem unansehnlichen Partner da, "den er aus Eigeninteresse gegen eine ihm feindliche Macht in Schutz nehmen muss". Das spiele dem Kremlherrscher, so das Blatt abschließend, in die Hände: "Putins Globalstrategie, die Nato und den Westen durch Spaltung lahm zu legen, erhält in dieser Konstellation bedrohlichen neuen Schwung."

Die Märkische Allgemeine glaubt nicht, dass es im Streit der beiden Länder bei einem reinen Wirtschaftskrieg bleiben werde: "Aus Sicht der Russen geht es nicht nur um einen toten Soldaten, sondern um die Demütigung eines Landes, das sich gerade mit Weltmachtambitionen zurückmeldet. Putin ließ (…) offen, wie Moskaus Antwort auf die erlittene Schmach genau aussehen wird, aber die Formulierung der "Mord" werde nicht "mit Tomaten ... quitt zu machen" sein, deutet darauf hin, dass es nicht bei Handelssanktionen bleibt."

Die Nürnberger Nachrichten beleuchten die Hintergründe des türkisch-russischen Konflikts: "Als sicher darf gelten, dass Putin Erdogans Kurs als zentrale Bedrohung russischer Interessen wahrnimmt. Während sich selbst die USA mittlerweile mit dem Gedanken zu arrangieren beginnen, dass Assad noch für eine Übergangszeit an der Macht bleiben könnte, drängt Ankara unverdrossen auf einen Sturz. Das wird Russland unter keinen Umständen hinnehmen können, weil damit seine Militärbasis im syrischen Tartus verloren wäre, sein einziger Zugang zum Mittelmeer. Genauso schlimm für Moskau ist aber, dass die Türkei lange Zeit offene Grenzen hatte für die Dschihadisten des Islamischen Staates (IS). Eingeschleust wurden auch Kämpfer aus Tschetschenien, die auf russischem Territorium wiederholt Anschläge verübt haben. Putin hat die Aufstände in dieser unruhigen Region mit brutaler Härte niedergeschlagen. Er will nicht zulassen, dass die Islamisten dort erneut an Stärke gewinnen - und daran sollte übrigens auch der Westen kein Interesse haben."

Das Badisches Tagblatt stellt die Wirkung von Putins Drohgebärde in den Mittelpunkt der Überlegungen: "Es (ist) fraglich, ob die kraftvolle, ja, martialische Rhetorik in Richtung Türkei das ausrichten kann, was sie ausrichten soll: Erdogan und seine Partei im eigenen Land schwächen." Die Gemengelage in der Türkei sei schon vor dem Abschuss des russischen Jets kompliziert gewesen, so das Blatt: "Erdogan polarisiert im eigenen Land, er hat den Kurden die Hand entzogen und die fortschrittlicheren Kräfte in den großen Städten verprellt. Tatsächlich sorgen die wirtschaftlichen Sanktionen schon jetzt für Verunsicherung. Denn der russische Markt ist für die Türkei auf einigen Feldern extrem wichtig. Zusammen mit der Drohung einer gewaltsamen Reaktion dürften die Zweifel in der Türkei wachsen, mit Erdogan je wieder aus dem Schlamassel zu kommen."

Quelle: ntv.de

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