Sichere Herkunftsländer benannt "Eine Lösung ist es nicht"
13.05.2016, 20:20 Uhr
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Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition stuft der Bundestag die drei Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko als "sichere Herkunftsstaaten" ein. In der Presse löst das eine kontroverse Diskussion aus.
Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition stuft der Bundestag Algerien, Tunesien und Marokko als "sichere Herkunftsstaaten" ein. Begründet wird die Entscheidung mit der niedrigen Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus den drei Maghreb-Staaten. In der Presse löst das eine kontroverse Diskussion aus: Besonders die Menschenrechtslage in den Ländern bereitet den Kommentatoren Sorge.
Die Nürnberger Nachrichten kritisieren die Entscheidung, Algerien, Tunesien und Marokko zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Der Großen Koalition wirft die Zeitung Egoismus vor: "Das mag für ein paar Jahre aus deutscher Sicht eine Entlastung bringen, doch eine Lösung ist es nicht - wie die Implosion der Dublin-Abkommen zeigt." Selbst wenn Berlin ganz Afrika zum sicheren Herkunftsgebiet erklären würde, so die Autoren, würden dort noch immer Menschen fliehen. Fluchtursachen müssten vor Ort beseitigt werden, "nicht per definitionem auf dem Papier".
"Europa verabschiedet sich als Anwalt für Rechtsstaatlichkeit in der Welt": So kommentiert die Frankfurter Rundschau den Beschluss der Bundesregierung. Der Vorwurf ist dabei klar formuliert: "Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter 'sicher' und 'Rechtssicherheit' etwas anderes." Für die politische Mehrheit spiele das aber keine Rolle mehr, schreibt das Blatt aus Frankfurt. Der Befund für die nun als sicher eingestuften Länder sei unstrittig: "In Marokko ist Ehebruch strafbar, in Algerien und Tunesien werden Menschenrechtler drangsaliert." Die sogenannte "Flüchtlingsvermeidung" gebe den unsicheren Staaten einen Persilschein, so die Kommentatoren.
Mit einem Appell richtet sich die Badische Zeitung an die Bundesregierung. Es sei wünschenswert, so die Zeitung, dass der Gesetzgeber dafür Sorge trüge, dass wirklich Verfolgte nicht in ihre Heimat abgeschoben werden können. "Das ist allerdings leichter gesagt als getan". Bundesinnenminister Thomas de Maizière versichere zwar, bedrohte Menschen aus den Maghreb-Staaten würden weiterhin Schutz genießen, doch: "Seit die Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt wurden, ist die Zahl der Anerkennungen weiter gesunken." Das, kommentiert die Zeitung aus Freiburg, sei ein sicheres Indiz dafür, dass bei einer pauschalen Einstufung doch mancher Schutzbedürftige nicht als ein solcher erkannt werde.
Die Freie Presse aus Chemnitz zeigt Verständnis für die Entscheidung der Großen Koalition, die Maghreb-Staaten für sicher zu erklären. Zwar sei dieser Teil der Flüchtlinge verschwindend gering, aber - so zeigten es Polizeistatistiken immer wieder - der Anteil von Menschen, die straffällig würden, sei besonders hoch. Einige wenige Intensivtäter sorgten dafür, dass sich das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung verändere. "Vorbehalte und Ängste sind gewachsen", konstatiert die Zeitung. Jede neue Straftat spiele denjenigen in die Hände, die alle Fremden in unserem Land pauschal anfeindeten, ausgrenzten und kriminalisierten. Zwar würden die "sicheren Herkunftsstaaten Marokko, Algerien und Tunesien das Problem nicht lösen, "Aber sie helfen, den inneren Frieden in Deutschland zu wahren."
Zusammengestellt von Judith Günther
Quelle: ntv.de