Pressestimmen

Asylrecht tritt vorzeitig in Kraft "Europa der offenen Grenzen ist Geschichte"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Schneller als geplant soll das neue Asylgesetz in Kraft treten. Schon am Wochenende sollen verschärfte Abschiebungen nicht anerkannter Asylbewerber beginnen. Die Rückführungen sollen ohne Ankündigung erfolgen, damit die Asylsuchenden nicht untertauchen können. Um der Flüchtlingskrise Herr zu werden, möchte die Union außerdem Transitzonen einführen. Diese Ideen kommen bei der Presse gar nicht gut an.

Die Frankfurter Rundschau kann dem vorgezogenen Inkrafttreten des neuen Asylrechts nichts Gutes abgewinnen. Das Geschrei, das die Politik darum macht, sei peinlich und zugleich beschämend, urteilt das Blatt. Denn verschärfte Abschiebungen seien eine unpassende Methode, um Migration zu begegnen. Schämen müsse sich Deutschland aber auch aus einem anderen Grund: "Die Leistungen für Flüchtlingsgruppen unter das Existenzminimum zu senken, ist nicht nur inhuman, es verstößt auch gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Und was die nun beschlossene Einrichtung von Transitzonen angeht, so ist sie eine Maßnahme mit unmissverständlicher symbolischer Bedeutung: Das Europa der offenen Grenzen ist Geschichte."

"Das Vorziehen der neuen Asylgesetze ist zweifellos nicht frei von Aktionismus", schreiben die Westfälischen Nachrichten aus Münster. Jahrelang habe Deutschland geltendes Recht in Sachen Abschiebungen umgangen oder verschleppt, jetzt werde vorschnell gehandelt. "Hätte der Staat hier konsequenter gehandelt, müsste er jetzt unter dem neuen Druck der Völkerwanderung nicht derart auf die Abschiebetube drücken und für die Rückführung gar auf Transall-Flugzeuge der Bundeswehr zurückgreifen wollen."

Durch die neuen Abschiebungen würde die Flucht der Schutzsuchenden nun umgekehrt werden, meint der Reutlinger General-Anzeiger. Diese Aktion würde jedoch weder etwas an der Massenflucht noch am Bleiberecht vieler Menschen ändern. "Denn die meisten Schutzsuchenden kommen ja nicht aus den Balkanstaaten, wohin viele jetzt abgeschoben werden, sondern aus Syrien. Das Flüchtlingsthema bleibt also auf der Tagesordnung."

Die Neue Osnabrücker Zeitung empfindet die "symbolträchtige Massen-Abschiebungen" nicht als Härte, sondern als klaren Regelverstoß, da politisch Verfolgte ein Recht auf Asyl hätten. "Daneben kann es eine Einwanderung im Rahmen der EU-Freizügigkeit oder gemäß definierten Kriterien wie Qualifikation oder Familie geben. Ein Grundrecht aber, dass jedermann jede beliebige Grenze nach eigenem Ermessen überschreiten, sich niederlassen darf und Hilfe erhält, das gibt es nicht und gab es nie, weltweit nicht und aus gutem Grund."

Zusammengestellt von Katja Belousova

Quelle: ntv.de

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