Pressestimmen

Attentat in Schwulenclub "In Orlando sollte die Freiheit sterben"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Es ist der schlimmste Anschlag auf amerikanischen Boden seit dem 11. September 2001. In einem Schwulenclub in Florida schießt der US-Amerikaner Omar Mateen um sich, tötet 49 ausgelassen feiernde Menschen und verletzt rund 50 weitere. Die deutsche Presse blickt nun vor allem besorgt auf den laufenden US-Wahlkampf, spielen doch Waffenrecht, islamistischer Terror und Homosexuellenrechte eine maßgebliche Rolle im Kampf ums Weiße Haus.

Mit einem Appell resümiert die Welt den Anschlag: "Gerade, wenn der Westen hart und kompromisslos gegen die Wurzeln des Terrors vorgeht, muss die instrumentelle Vernunft und Effizienz von Rachegefühlen befreit sein. Der Westen kann selbstbewusst sein. Der Jihadismus ist ein Todeskult ohne politische Option, und ohne jede ökonomische Idee. Es ist ein Privileg, in Freiheit lieben und leben zu dürfen. Wir müssen dieses Privileg in jede Richtung wehrhaft verteidigen. Es wird nicht leichter."

"In Paris, beim Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo, zielten die Mörder auf die Meinungsfreiheit. In Orlando sollte die Freiheit sterben, sein Leben selbstbestimmt und frei von religiöser Bevormundung zu führen. Beides gehört zu den kostbarsten Perlen im Schatz westlicher Kultur und Lebensart", kommentiert der Münchner Merkur und ruft dazu auf, nicht einst wie bei Charlie Hebdo die Opfer für ihr Schicksal verantwortlich zu machen. " Vielleicht denkt der eine oder andere ja daran, wenn die schwer getroffene Schwulen- und Lesbenbewegung demnächst ihre trotzig-bunten CSD-Paraden abhält. Denn auch sie gehören zu eben jener Freiheit, für die uns der IS so abgrundtief hasst."

Die Nürnberger Nachrichten analysieren die gesellschaftlichen Folgen der Bluttat. Hier sorgt man sich vor allem, dass ein Großteil der Amerikaner ihre muslimischen Mitbürger nun "in Sippenhaft nehmen" werden, da sie "nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass der Attentäter schon früher instabil war und Medikamente nahm". Das Blatt warnte vor voreiligen Schlüssen: "Bisher gibt es keinerlei Belege dafür, dass er irgendeine Art von Schulung durch die Dschihadisten erfahren hätte."

Gleich den Anschlägen vom 11. September 2001 symbolisiere das Massaker von Orlando "die Verletzlichkeit des 'american way of life'", schreibt die Landeszeitung Lüneburg, "doch während 9/11 das Land einte, vertieft Orlando die Kluft, die die Zerstrittenen Staaten von Amerika trennt. Und es erhöht die Gefahr, dass die US-Bürger einen politischen Hochstapler zum mächtigsten Mann der Welt machen - Donald Trump."

Auch die Westfälischen Nachrichten werfen einen Blick auf die politischen Profiteure. So habe Orlando Trump "neue Nahrung für seinen Kreuzzug gegen die Muslime" geliefert. Das Blatt plädiert für ein verschärftes Waffengesetz, das Trump bereits im Vorfeld ablehnte. Doch auch Kontrahentin Hillary Clinton "bekräftigte zunächst das Recht des freien Amerikaners auf die eigene Waffe. Und forderte dann Maßnahmen, die Tötungsinstrumente nicht in die Hände von Kriminellen und Terroristen fallen zu lassen. Absurd."

"Wie viele solcher Irrsinnstaten sind nötig, um zu verstehen, dass das Recht auf Waffen, wie es in den USA gilt, ein Anachronismus ist?", fragt die Rheinpfalz und betont, dass Attentäter Omar Mateen seine Waffen ganz legal erworben hatte. "Der Staat muss das Gewaltmonopol haben. Kein Land darf Milizen oder Selbstjustiz dulden. Was für Somalia oder Irak einleuchtet, muss auch für Amerika gelten."

Zusammengestellt von Annika Thöt

Quelle: ntv.de

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