Pressestimmen

Erste Frau auf dem Posten des Verteidigungsministers "Nun muss von der Leyen überleben lernen"

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Der Weg zur Großen Koalition ist frei. Es war eine lange und mühevolle Strecke - mit einer Überraschung am Ende: Ursula von der Leyen zieht mit einem "Mordsrespekt" vor den neuen Aufgaben als neue Chefin in das Bundesverteidigungsministerium ein. Sie ist die erste Frau, die in Deutschland diesen Posten übernimmt. In den deutschen Tageszeitungen sorgt die Personalie für Aufsehen - gilt doch der Posten - nach den Worten von Ex-Verteidigungsminister  Manfred Wörner - als "Schleudersitz, Schlangengrube, ein Sack voller Minen".

De Maizière übergibt sein Amt an von der Leyen und wechselt selbst ins Innenministerium.

De Maizière übergibt sein Amt an von der Leyen und wechselt selbst ins Innenministerium.

(Foto: AP)

"Koalitionsarithmetik ist so kompliziert, dass noch der  faulste Kompromiss Chancen hat, als Überraschungscoup Freude auszulösen", schreibt die Landeszeitung aus Lüneburg. "Dass Ursula von der Leyen mit ihrer Erfahrung als Familien- und Arbeitsministerin die Bundeswehr besser in Stellung bringen kann bei der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ist zu erwarten". Zentral sei dies aber nicht. Vielmehr müsse der Entfremdung entgegengewirkt werden, die sich zwischen der Berufsarmee in unpopulären Auslandseinsätzen und der desinteressierten Zivilgesellschaft entwickelt habe, so der Kommentar aus der niedersächsischen Hansestadt: "Es gilt, eine Sicherheitspolitik zu konzipieren, die Deutschlands gestiegenem Gewicht in der Welt gerecht wird. Und es gilt, die Transformation der Truppe trotz leerer Kassen zum Erfolg zu führen. Zu hohe Herausforderungen, um die Hardthöhe als Spielwiese zu benutzen".

Für die Eßlinger Zeitung "beweist von der Leyen Mut. Immerhin ist seit Helmut Schmidt vor 41 Jahren vom Posten des Verteidigungsministers aus niemand mehr so richtig in der Bundespolitik aufgestiegen". Demgegenüber stände aber eine Reihe von Rücktritten, wie beispielsweise der von Karl-Theodor zu Guttenberg. Das Blatt aus Rheinland-Pfalz kommt zu dem Schluss: "Übersteht von der Leyen die kippelige Sprosse aber halbwegs unbeschadet, steht ihr praktisch alles offen. Als Frau auf dem Chefsessel im Bundeskanzleramt wäre sie jedenfalls kein Novum mehr".

Die Pforzheimer Zeitung konstatiert: "Es ist erstaunlich: Seit bekannt ist, dass Ursula von der Leyen Bundesverteidigungsministerin wird, spricht halb Deutschland davon, sie positioniere sich damit als kommende Kanzlerin. In der öffentlichen Wahrnehmung spielt es auch keine Rolle, dass Amtsnachfolger wie Manfred Wörner, Rudolf Scharping, Karl-Theodor zu Guttenberg und zuletzt Thomas de Maizière im Amt an Ansehen verloren - oder sogar gehen mussten". Das Blatt aus Baden-Württemberg verweist auf eine andere Lesart zur möglichen Merkel-Nachfolge. "Und die geht so: Merkel hat de Maizière aus der Schusslinie genommen und ihm wieder das Innenressort übergeben, um ihn als Kronprinz aufzubauen. Das ergibt genauso viel Sinn wie die von-der-Leyen-Festspiele. Oder genauso wenig".

Eine vergleichbare Sicht auf das Geschehen hat der Reutlinger General-Anzeiger: "Was blieb, war das Verteidigungsministerium. Angela Merkel hat Thomas de Maizière aus der Schusslinie genommen und ihm wieder das Innenressort zurückgegeben, in dem er sich bewährt hatte. Nun muss von der Leyen in der Löwengrube überleben lernen. Das nötige Selbstvertrauen hat sie - schließlich wird ihr nachgesagt, die Kanzlerin beerben zu wollen. Genau das könnte aber auch der Grund sein, weshalb für sie schließlich nur das verminte Terrain übrig geblieben ist".

"Für den Job braucht es Helm und Schutzweste", kommentiert die in Weimar herausgegebene Thüringische Landeszeitung. "Dabei droht vor allem das, was so gerne 'friendly fire' genannt wird - also Schüsse aus den eigenen Linien. (...) Den Laden aufräumen, die Reform schaffen: Die Herausforderung ist groß. Warum sie sich das antut? Weil es ihre größte Chance ist. Verbunden mit dem größten Risiko".

Angela Merkel hat "(…) ihr Ministertableau kräftig durcheinandergeschüttelt", stellt die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg abschließend fest: "Jetzt ist das Publikum erst einmal verwirrt, muss seine Gedanken sortieren. Fest steht jedenfalls, dass Merkel die Ära starker Frauen einläutete. Was daraus wird? Abwarten".

Zusammengestellt von Susanne Niedorf

Quelle: ntv.de

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