Ab jetzt nur noch elektronische Gesundheitskarte? Alte Karten bleiben gültig
10.01.2014, 10:33 UhrAb 2014 gilt nur noch die elektronische Gesundheitskarte. Das sagen zumindest die Krankenkassen, die das Projekt endlich voranbringen wollen. Doch die Behauptung ist falsch. Im Vertrag mit der kassenärztlichen Bundesvereinigung ist etwas anderes vereinbart.

Auf der Vorderseite der elektronischen Gesundheitskarte ist ein Foto abgebildet. Auf die Rückseite ist die europäische Krankenversicherungskarte gedruckt.
(Foto: picture alliance / dpa)
In den letzten Wochen haben die Krankenkassen noch einmal Druck gemacht: "Ihre alte Krankenversichertenkarte verliert am 1. Januar 2014 ihre Gültigkeit", schrieben sie an die Kunden, die immer noch kein Foto für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) eingeschickt hatten. Das sind nicht besonders viele: gut 95 Prozent der gesetzlich Versicherten waren Ende 2013 mit der neuen Karte ausgestattet. Nur vereinzelt könne es sein, dass ein Versicherter die Karte noch nicht hat, schreibt die Gematik, das ist die Gesellschaft, die für die technische Umsetzung der elektronischen Gesundheitskarte verantwortlich ist.
Nun bringt die Gesundheitskarte den Kunden aktuell wenig Nutzen, kostet aber eine ganze Menge Geld: Rund 730 Millionen Euro an Beitragsgeldern haben die Krankenkassen bislang in die Einführung der Karte investiert, deren einziger Mehrwert bislang ein Foto zur Identifizierung des Versicherten in der Praxis ist. Dass die eGK seit 2011 dennoch fast flächendeckend angekommen ist, liegt daran, dass die Kassen frühzeitig aktiv geworden sind. Wer kein Foto abgegeben hatte, hat bereits im Jahr 2012 alle paar Wochen eine Aufforderung bekommen, das nachzuholen. Damit setzten die Kassen eine gesetzliche Vorgabe um: Bis zum Jahresende sollten mindestens 70 Prozent der Versicherten mit der eGK ausgestattet sein, ansonsten drohte den Kassen eine Kürzung ihrer Verwaltungsmittel.
Konsequenzen mussten die Versicherten, die das geforderte Foto verweigerten, bislang nicht fürchten. Doch jetzt könnten sie beim Arztbesuch Probleme bekommen, so zumindest die Drohung der Krankenkassen und ihres Spitzenverbandes GKV. Ab 2014 sei nur noch die elektronische Gesundheitskarte gültig. Diese Aussage ließ sich auch in zahlreichen Medien nachlesen. Doch so ganz korrekt ist sie nicht.
Mantelvertrag regelt die Details
Zum 1. Oktober 2014 hat der GKV mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) einen Bundesmantelvertrag geschlossen, der unter anderem Details zur elektronischen Gesundheitskarte regelt. In Paragraph 19 heißt es: "Zum Nachweis der Anspruchsberechtigung ist der Versicherte verpflichtet, eine elektronische Gesundheitskarte […] vorzulegen." Alles klar, sollte man meinen. Doch der Text geht noch weiter: "Solange die elektronische Gesundheitskarte noch nicht an den Versicherten ausgegeben worden ist, ist der Versicherte verpflichtet, zum Nachweis der Anspruchsberechtigung die Krankenversicherungskarte […] vorzulegen." Kurz gesagt: Wer keine elektronische Versicherungskarte hat, kommt auch mit der alten Versicherungskarte weiter. Jedenfalls dann, wenn das dort aufgedruckte Gültigkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist.
Technisch ist die Weiterverwendung der Krankenkassenkarte kein Problem, wie auch die Gematik einräumt: Die neuen Kartenterminals, die inzwischen in fast allen Praxen installiert seien, könnten sowohl die alten als auch die neuen Karten lesen. Dennoch haben die Kassen ein großes Interesse daran, endlich alle Versicherten mit der neuen Karte auszustatten. Für sie wäre es unwirtschaftlich, langfristig einen Parallelbetrieb der beiden Karten aufrechtzuerhalten.
Kassen haften für Kartenbetrug
Zudem versprechen sie sich durch die Bilder auf der elektronischen Gesundheitskarte ein Plus an Sicherheit. Denn der neue Mantelvertrag schafft verbindliche Haftungsregeln für den Kartenmissbrauch: Legt ein Patient beim Arzt eine Karte vor, die ungültig oder nicht seine eigene ist, dann kann die Kasse keinen Schadensersatz vom Arzt verlangen. Ausnahme: Der Arzt, bzw. das Praxispersonal, hätte erkennen müssen dass etwas nicht stimmt. Bei einer Karte mit Foto ist das etwas einfacher. Ein zuverlässiger Schutz gegen Versicherungsbetrug ist das Bild allerdings nicht, schließlich prüft niemand, wie alt das Foto ist und ob die abgebildete Person tatsächlich die oder der Versicherte ist. Und auch mit der Krankenkassenkarte ist eine Plausibilitätsprüfung möglich, im Zweifelsfall kann sich das Praxispersonal ja einfach den Personalausweis zeigen lassen.
Hat ein Patient keine Gesundheitskarte und lässt sich seine Identität nicht klären, dann kann der Arzt einen Versicherungsnachweis verlangen. Liegt der nach zehn Tagen noch nicht vor, kann er eine Privatrechnung schicken. Die muss man erstmal bezahlen, bleibt aber nicht unbedingt auf den Kosten sitzen Denn wenn man bis zum Ende des Quartals eine elektronische Gesundheitskarte oder einen Versicherungsnachweis vorlegt, muss der Arzt das Geld zurückerstatten.
Fazit: Egal ob man die elektronische Gesundheitskarte grundsätzlich ablehnt oder es einfach versäumt hat, der Krankenkasse ein Bild zu schicken – Grund zur Panik besteht nicht, niemand muss deswegen einen Arztbesuch aufschieben. Das betont auch Roland Stahl von der KBV: "Die 'alte' Krankenversichertenkarte kann bis zum Ablauf der abgedruckten Gültigkeitsdauer auf den Karten weiter in Arztpraxen verwendet werden", so der Ärzte-Sprecher gegenüber n-tv.de. In der Praxis dürfte es bei manchen Ärzten wohl trotzdem Probleme geben. Da ist es gut, wenn Patienten die Rechtslage kennen.
Quelle: ntv.de