Ratgeber

Heikel für Patchworkfamilien Beim Erben wird's ungerecht

Wenn Partner Kinder aus früheren Beziehungen mit in die Ehe bringen, sollten sie erbrechtlich vorsorgen.

Wenn Partner Kinder aus früheren Beziehungen mit in die Ehe bringen, sollten sie erbrechtlich vorsorgen.

(Foto: imago/MITO)

Wenn die Eltern sterben, wird das Vermögen normalerweise gleichmäßig unter den Kindern aufgeteilt. Bei Patchworkfamilien kann die gesetzliche Erbfolge aber unerwünschte Auswirkungen haben. Rechtzeitige Vorsorge ist wichtig.

Verheiratete Eltern, leibliche Kinder – so sieht die traditionelle Kernfamilie aus. Wenn ein Familienmitglied stirbt, ist auch ohne Testament klar, wer was erbt. Die Rechtslage ist da eindeutig. Nun leben inzwischen über zehn Prozent aller Kinder in Patchworkfamilien, also mit Vätern oder Müttern, die nicht ihre eigenen sind. Und wer sich in solchen Situationen auf die gesetzliche Erbfolge verlässt, könnte böse Überraschungen erleben.

Das Problem: Das Erbrecht kennt nur leibliche oder adoptierte Kinder. Bringen Partner Kinder aus früheren Beziehungen mit, dann gelten diese als Stiefkinder. Und auch wenn der leibliche Elternteil mit dem neuen Partner verheiratet ist, sind die Kinder nicht mit dem Stiefvater oder der Stiefmutter verwandt. Im Todesfall haben sie also überhaupt keine Ansprüche. Damit sie beim Erben nicht zu kurz kommen, sollte man sich rechtzeitig um ein Testament oder einen Erbschaftsvertrag kümmern.

Entscheidend ist, wer zuerst stirbt

Ein Beispiel: Die Frau bringt einen Sohn mit in die Ehe, der Vater eine Tochter. Stirbt der Vater, ohne eine Verfügung zu hinterlassen, erbt eine Hälfte die Ehefrau, die andere Hälfte geht an die Tochter. Der Sohn geht leer aus, denn einen Pflichtteil gibt es für Stiefkinder nicht. Er bekommt dann aber später das komplette Vermögen seiner Mutter – also auch den Teil, den sie vom Vater übernommen hat. Sprich: Am Ende landen drei Viertel des elterlichen Vermögens beim Sohn.

Angenommen, aus der Ehe geht noch ein gemeinsamer Sohn hervor. Der Vater stirbt, seine Tochter und der gemeinsame Sohn erben jeweils ein Viertel, die Hälfte bekommt die Ehefrau. Das Kind der Mutter kriegt zunächst nichts. Nach dem Tod der Mutter wird der Besitz hälftig auf die beiden Söhne aufgeteilt, die Tochter bleibt außen vor. Am meisten profitiert dabei das gemeinsame Kind, bei ihm sammeln sich letztlich 50 Prozent des Vermögens. Die Tochter hingegen erbt gerade mal 12,5 Prozent. Wäre nicht ihr Vater, sondern die Stiefmutter zuerst gestorben, hätte sie das Dreifache bekommen.

Alles lässt sich regeln

Gerecht klingt das alles nicht, aber so sind die Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Eltern, die das gemeinsame Vermögen lieber anders verteilen wollen, sollten rechtzeitig vorsorgen. Eine Möglichkeit ist das Berliner Testament. Dabei setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Zugleich bestimmen sie, wie das Erbe auf die Kinder verteilt wird, wenn beide Eltern gestorben sind.

Vielleicht wollen die Eltern aber auch tatsächlich nur die eigenen Kinder beerben, den Partner aber finanziell absichern. So eine Konstellation liegt insbesondere dann nahe, wenn die Kinder bei der Hochzeit schon erwachsen sind, also keine so enge Bindung zum Stiefvater oder zur Stiefmutter besteht. Dann wird der überlebende Partner als Vorerbe eingesetzt, die eigenen Kinder als Nacherben. Hier sind diverse Varianten möglich. Zum Beispiel kann der Erblasser festlegen, dass der Partner zwar die Mieteinnahmen aus einer Wohnung bekommt, die Immobilie aber den Kindern erhalten bleiben muss. Ansonsten könnte der Partner die Wohnung auch verkaufen und das Geld komplett verbrauchen.

Eine andere Möglichkeit, das Vermögen für die eigenen Kinder zu bewahren: Der Partner erbt gar nichts und die eigenen Kinder alles. Das kann allerdings unschön enden. Lebt der Partner beispielsweise in der gemeinsamen Wohnung, können die Stiefkinder die Auszahlung ihres Anteils verlangen. Dann muss die Immobilie womöglich verkauft werden. Dem beugen Paare vor, indem sie sich ein lebenslanges Wohnrecht zusichern. Das bietet sich auch dann an, wenn das Paar nicht verheiratet ist. Ohne eine entsprechende Verfügung haben nichteheliche Partner überhaupt keine Erbansprüche.

Wenn Ex-Partner bestimmen dürfen

Patchworkfamilien mit minderjährigen Kindern sollten noch einen weiteren Punkt im Blick haben: Sind die Stiefkinder noch nicht volljährig wenn sie erben, liegt das Sorgerecht nicht beim Stief-Elternteil, sondern ausschließlich beim Ex-Partner des oder der Verstorbenen. Und zum Sorgerecht gehört auch die Sorge über das Vermögen des Kindes, also das fremde Erbe. Im Extremfall könnte der leibliche Vater also verlangen, dass der Stiefvater das Haus der neuen Familie verkauft und dem Kind seinen Anteil auszahlt. Auch solche Situationen lassen sich vermeiden, wenn man rechtzeitig vorsorgt. Die Lösung: Den neuen Partner als Testamentsvollstrecker einsetzen. Dann kann er das Erbe den Kindes verwalten, bis es volljährig ist.

Quelle: ntv.de, ino

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