Ratgeber

Zu Risiken und Nebenwirkungen... Beipackzettel soll Anleger beruhigen

Muster Beipackzettel, Seite 1

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Muster Beipackzettel, Seite 2

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Einfach, offen, nah am Kunden - glaubt man den Banken, ist das die Finanzwelt der Zukunft. Anleger sollen sich wohlfühlen bei "ihrer" Bank, die Kunden insgesamt wieder Vertrauen gewinnen in eine Branche, die mit unverständlichen Kunstprodukten in einer Jahrhundertkrise Milliarden verbrannte. Doch Verbraucherschützer und Ökonomen zweifeln, ob neue Transparenz Einzug hält und sich das System grundlegend ändert. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) behält sich weiterhin vor, die Banken notfalls per Gesetz zu verständlicheren Informationen für die Kunden zu zwingen.

Der politische Druck zeigt immerhin erste Wirkung: Am Freitag stellte der Privatbankenverband BdB das Muster eines einheitlichen "Produktinformationsblatts" vor. Wie ein "Beipackzettel" für Arznei soll es Risiken und Funktionsweise von Fonds oder Zertifikaten auflisten. Ob, wann und wie die Institute das Muster nutzen werden, ist aber offen. Es könne bis Frühsommer dauern, bis erste Produkte damit verständlich gemacht werden, räumte der Bundesverband deutscher Banken (BdB) ein. Weiteres Problem: Eine gemeinsame Regelung der gesamten Kreditwirtschaft - inklusive der Genossenschaftsbanken und Sparkassen - kam bisher nicht zustande. Andere Institute wie Europas größte Direktbank ING-DiBa haben bereits eigene Info-Blätter

"Wir begrüßen jede Bemühung zu mehr Transparenz, aber wir brauchen eine einheitliche Lösung", mahnte der Leiter des Fachbereichs Finanzdienstleistungen beim Verbraucherzentrale Bundesverband, Manfred Westphal. An eine Rückkehr zu Bescheidenheit und Einfachheit glaubt er nicht: "Die Produkte sind eher komplexer geworden, die Verbraucher ersticken schier in einem Wust verschiedener Produkte." Der FDP-Verbraucherpolitiker Erik Schweickert kritisierte: "Jedes Frühstücksei unterliegt strengeren Etikettierungsrichtlinien als eine Bank bei der Kennzeichnung ihrer Produkte."

Mit Briefen und Paketen zur Bank

Indes kennt die Kreativität der Bankstrategen derzeit keine Grenzen, wenn es darum geht, verlorenes Vertrauen zurück- oder neue Kunden dazugewinnen: Volks- und Raiffeisenbanken streben an, in immer mehr ihrer bundesweit 13 600 Filialen Briefe und Pakete anzunehmen und als Postkonkurrent Kunden zu locken. Die Postbank entrümpelt ihr Angebot und versucht Privatkunden mit Produkten zu überzeugen, die auch Laien verstehen. "Banken verdienen mit Privatkunden tendenziell nicht viel, da wollen sie nicht auch noch ein mögliches Haftungsrisiko wegen vermeintlicher Falschberatung aufbauen", erklärt der Darmstädter Bankenprofessor Dirk Schiereck.

Einer repräsentativen Gallup-Umfrage zufolge glaubt nur jeder vierte Bankkunde (26 Prozent), dass sein Geldinstitut hält, was es verspricht. Auch im internationalen Vergleich fällt das Gesamturteil der Kunden schlecht aus: In Deutschland zeigen sich 39 Prozent der Anleger mit ihrer Geschäftsstelle äußerst zufrieden. In Großbritannien sind es 46 Prozent, in den USA sogar 69 Prozent.

Geld und Werte

Dass Banken ein Imageproblem haben, hat sich auch in den Führungsetagen herumgesprochen. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann etwa gab sich bei der Bilanzvorlage Anfang Februar betont bescheiden: "Es gibt eine Verantwortung auch für die Menschen, und hier müssen wir noch besser werden. Wir müssen deutlich machen, dass wir nicht nur vom Geld getrieben sind, sondern von Werten." Postbank-Chef Stefan Jütte sekundierte in dieser Woche: "Wir wollen uns wieder konsequent als Bank für das Wesentliche aufstellen und unseren Kunden die Entscheidung in Finanzfragen so leicht wie möglich machen."

Eine Renaissance des Filialgeschäfts mit mehr Kundenkontakt sehen Experten trotz der Bemühungen der Institute nicht. In den vergangenen Jahren sank die Zahl der Bankstellen stetig, nach jüngsten Zahlen der Bundesbank gab es Ende 2008 noch gut 41 700 bundesweit. 1997 waren es noch über 66 700. "In den letzten Jahren gab es eher den Drang, die Leute aus den Filialen rauszuhalten", schimpft Verbraucherschützer Westphal. Ökonom Schiereck erwartet keine Trendwende, er rechnet eher mit einer Zersplitterung des Privatkundenmarktes: "Zum Einen die Massenkundschaft, die einen Waschzettel bekommt oder Produkte, die man nicht mehr erklären muss, und sonst eher alleingelassen wird, zum Anderen vermögendere Kunden, die individueller beraten werden."

Quelle: ntv.de, dpa

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