Ratgeber

Zu hohe Renditeprognosen Clerical Medical muss Wort halten

Mit traumhaften Renditeversprechen ist der britische Versicherer Clerical Medical in Deutschland auf Kundenfang gegangen, die tatsächlichen Ergebnisse sorgten jedoch für lange Gesichter. Ein Grundsatzurteil lässt Anleger nun auf Schadenersatz hoffen. Die Richter des Bundesgerichtshofs sehen den Versicherer in der Aufklärungspflicht.

Käufer von britischen Lebensversicherungen haben im Streit um enttäuschte Renditeversprechen vor dem Bundesgerichtshof (BGH) einen Sieg auf ganzer Linie errungen. In einem Grundsatzurteil sprach der vierte Zivilsenat des BGH fünf Anlegern Schadenersatz zu, weil die Vermittler mit unrealistischen Rendite-Erwartungen für die Policen geworben hatten. Damit habe der englische Versicherer Clerical Medical, der die Strukturvertriebe für sich hatte arbeiten lassen, seine Aufklärungspflicht verletzt.

In den vorherigen Instanzen hatten die meisten Gerichte den Klägern nur die versprochenen Leistungen aus der Versicherung zugesprochen, auf den Schulden aus den zusammen mit den Policen verkauften Kreditverträgen waren sie aber sitzengeblieben. Der BGH machte den Anlegern nun Hoffnung auf Schadenersatz für die Kredite. Doch darüber müssen die Oberlandesgerichte im Einzelfall entscheiden.

Geldanlage statt Versicherung

Bei dem Produkt mit dem Namen "Wealthmaster Noble", das der zur britischen Bank Lloyds gehörende Versicherer verkauft hatte, handelte es sich nach den Feststellungen des BGH primär um eine Geldanlage. Denn dahinter steckte eine fondsgebundene Lebensversicherungs-Police, deren Einzahlungen mit einem von dem gleichen Verkäufer vermittelten Kredit finanziert werden sollte. Die Strukturvertriebs-Leute hatten die Kunden mit einer Rechnung gelockt, wonach der Kredit nur 6,5 Prozent Zinsen im Jahr koste, doch die Police nach einer Musterrechnung jährlich 8,5 Prozent bringe. In den ersten zwei Jahren sprang jedoch deutlich weniger heraus, so dass Clerical die Kunden warnte, dass sie wohl Geld verlieren würden.

Der Versicherer hätte die Kunden wie bei anderen Anlagegeschäften bereits vor dem Vertragsabschluss vollständig über alle Umstände informieren müssen, die für ihre Entscheidung von Bedeutung gewesen seien, rügte der BGH. Diese Pflicht sahen die Karlsruher Richter vor allem dadurch verletzt, dass Clerical den Klägern ein zu positives Bild von der zu erwartenden Rendite gezeichnet habe. Während den Musterrechnungen, die die Anleger in die Hand gedrückt bekamen, auf einer Renditeprognose von 8,5 Prozent für die Lebensversicherung basierten, habe Clerical intern nur sechs Prozent für realistisch angesehen.

Alle fünf Kläger vor dem BGH hatten die Verträge zwischen 2001 und 2002 abgeschlossen. Anfang des Jahres hatte Clerical in einem ähnlichen Fall gezahlt und ein Grundsatzurteil in letzter Minute abgewendet. Damals hatte das Unternehmen erklärt, der Vermittler habe die Kundin falsch beraten, weil er unzureichend ausgebildet worden sei. Doch das war offenbar kein Einzelfall. Nach Angaben des BGH sind in Deutschland nahezu tausend Klagen gegen Clerical anhängig, allein mehr als 40 liegen inzwischen beim BGH. Nach Einschätzung von Experten könnte der Branche nun eine Klagewelle drohen.

Quelle: ntv.de, nne/dpa

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