"Halbes" Sortiment betroffen Das ist die Mogelpackung des Monats
10.05.2021, 12:04 Uhr
Ganz schön happig ...
(Foto: Verbraucherzentrale Hamburg )
Man kennt den Kniff: Der Preis bleibt gleich, der Inhalt reduziert sich und Verbraucher können eine derartig gut getarnte Preiserhöhung kaum erkennen. Gut, dass es die Verbraucherzentrale Hamburg gibt, die solcherlei Tricksereien publik macht. So auch jetzt wieder.
In diesem Monat bekommt nicht nur ein Produkt, sondern das "halbe" Süßwarensortiment von Nestlé den Titel "Mogelpackung des Monats" von der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) verliehen. Denn durch reduzierte Füllmengen wurden die Preise für Smarties, Lion und Kitkat versteckt um bis zu 25 Prozent erhöht.
Sechs Produkte der Marken Kitkat, Lion und Smarties von Nestlé sind durch Füllmengenreduzierungen teurer geworden. Die versteckten Preiserhöhungen liegen zwischen 12 und 25 Prozent. Hersteller Nestlé begründet den Preisanstieg mit höheren Produktionskosten und nachhaltigeren Verpackungslösungen. Betroffen sind laut den Verbraucherschützern nach heutigem Kenntnisstand die folgenden Produkte: Kitkat Sammelpack, Kitkat Minis, Lion Sammelpack, Lion Minis, Smarties Sammelpack, Smarties Minis.
Nestlé ist laut VZHH Wiederholungstäter - bei fünf von sechs Produkten wurde die Weniger-drin-Preis-gleich-Masche in den letzten Jahren mehrfach angewendet. Die Smarties Minis zum Beispiel sind zwischen 2014 und 2021 um über 60 Prozent teurer geworden.
Beispiel Kitkat
Laut der Untersuchung hat Kitkat aktuell die größte Preiserhöhung zu verzeichnen. Den Kitkat Sammelpack gibt es jetzt nicht mehr mit fünf Riegeln (5 x 41,5 Gramm), sondern nur noch mit vier (4 x 41,5 Gramm). Im Handel kostet die Packung trotzdem meist weiterhin 1,99 Euro. Dadurch werden die Schokoriegel um 25 Prozent teurer. Ganz ähnlich sieht es bei den Kitkat Minis aus. Da werden nur noch 13 Packungen (217 Gramm) statt 15 Packungen (250 Gramm) für 2,99 Euro verkauft. Das entspricht einem Preisanstieg von gut 15 Prozent. Prinzipiell gilt: Die Verkaufspreise dürfen nach Kartellrecht nur von den Händlern und nicht von den Herstellern festgelegt werden.
Beispiel Lion
Auch der Sammelpack von Lion hat laut den Verbraucherschützern eine lange Geschichte versteckter Preiserhöhungen hinter sich. Bei der aktuellen Schrumpfung des Lion Sammelpacks hat Nestlé die Anzahl der Riegel pro Packung von sechs (6 x 30 Gramm) auf fünf reduziert (5 x 30 Gramm). Bei gleichem Preis von 1,99 Euro ist die Packung mit den Riegeln dadurch um 20 Prozent teurer geworden.
Auch bei den Minis von Lion wird getrickst. Die Zahlen dazu: 234 Gramm statt 270 Gramm in der Packung. Das Format der Umverpackung hat sich ein wenig geändert; der Preis im Handel liegt dennoch häufig weiterhin bei 2,99 Euro. 15,4 Prozent beträgt somit der versteckte Preisanstieg.
Beispiel Smarties
Und auch die Smarties von Nestlé blieben nicht verschont. Der Sammelpack ist von 4 x 38 Gramm auf 4 x 34 Gramm geschrumpft. Bei gleichem Preis sind die bunten Schokolinsen dadurch knapp 12 Prozent teurer geworden. Erfreulich an dieser Sache ist lediglich, dass die Papprollen mit Smarties nicht mehr in einer zusätzlichen Verpackung aus Plastik stecken, sondern gänzlich plastikfrei mittels Perforation aneinander geheftet sind. Und auch die Minis von Smarties sind ebenfalls weniger geworden - von 216 auf 187 Gramm bei gleichem Preis von meist 2,99 Euro. Das ergibt eine versteckte Preiserhöhung von über 15 Prozent. Die Verpackung der Minis wurde laut Nestlé auf Papier umgestellt, um Plastik zu sparen.
Stellungnahme Nestlé
Nestlé begründet die Preisanstiege bei Kitkat, Lion und Smarties gegenüber der Verbraucherzentrale vor allem mit höheren Produktionskosten: " (…) Mit dieser Anpassung reagieren wir auf gestiegene Kosten in den letzten Jahren. Beispielsweise investieren wir in unsere Produktionsanlagen - etwa um die Waffelqualität bei Kitkat weiter zu erhöhen. Außerdem haben wir auch kontinuierlich Kosten durch Initiativen und Kooperationen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit, beispielsweise im Kakaoanbau (…)".
Beim Kakao zeigt sich die VZHH verwundert über die höheren Kosten. Der Kakao für die Kitkat-Riegel beispielsweise stammt seit Jahren von Bauern, die die Vorgaben des Nestlé Cacao Plans erfüllen müssen. Das Nachhaltigkeitsprogramm steht immer wieder in der Kritik. Seit letztem Jahr muss der geerntete Nestlé-Kakao sogar nicht mehr Fairtrade sein, sondern lediglich die Standards von Rainforest Alliance erfüllen. Diese sind weniger streng. Außerdem spart Nestlé laut der Verbraucherzentrale die Fairtrade-Prämien, die bisher an die Bauern zu zahlen waren.
Und auch die in der Stellungnahme hervorgehobene Einsparung von Plastikverpackungen sehen die Verbraucherschützer kritisch. Im Nestlé Produktionswerk in Hamburg sollen demnach jährlich 191 Tonnen Plastik eingespart werden. Doch am Beispiel der angeführten Smarties zeigt sich, dass die 13 kleinen Einzelpackungen in einer großen Umverpackung stecken. Die besteht zwar nicht mehr aus Plastik, dafür aus schwererem beschichteten Papier. Die Beschichtung macht die "tolle" Papiertüte dann doch nicht so gut recycelbar. Ganz "vergessen" hat Nestlé nach Angeben der VZHH auch, dass durch die geringere Füllmenge im Beutel nun mehr Verpackungsmaterial verbraucht wird. Um die gleiche Menge Smarties zu verkaufen, sind 15 Prozent mehr Verpackungsmaterial notwendig.
Verbraucher müssen sich häufig über versteckte Preiserhöhungen ärgern. Vorausgesetzt, sie entdecken diese auch. Die VZHH bietet die Möglichkeit, auf Produkte, mit denen Kunden derart (weniger Inhalt bei gleichem Preis) getäuscht werden, aufmerksam zu machen. Sie macht diese Produkte dann öffentlich und kürt sie zur Mogelpackung des Monats und des Jahres.
Quelle: ntv.de, awi