Ratgeber

Finanzkrise Der Kunde ist jetzt König

Seit der Finanzmarktkrise ist es für viele Verbraucher lohnender geworden, Geld anzulegen. Wer sein Geld als Tagesgeld oder Festgeld zur Bank bringt, wird mit Angeboten überhäuft.

Die Zinssätze liegen teilweise sogar über dem Leitzins von 4,0 Prozent, zu dem die Banken sich selbst bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld beschaffen. Normalerweise besorgen sich die Banken das Geld auch bei anderen Instituten - doch dieser Handel ist seit der Krise wegen des Misstrauens und der Angst vor Verlusten zum Erliegen gekommen. Die Banken brauchen also dringend Liquidität und setzen in unsicheren Zeiten auf den Kunden als Geldquelle.

"Der Kunde ist derzeit König", sagt der unabhängige Finanzberater Christoph Zwermann. "Der Wettbewerb um das Geld der Verbraucher hat begonnen." Und es gibt noch eine gute Nachricht: Wider Erwarten ist das Geldausleihen nicht entsprechend teurer geworden. Der starke Wettbewerb hindert die Banken nach Expertenmeinung daran, die verlangten Zinssätze für Dispo- und Ratenkredite nach oben zu schrauben und ihre Kosten an die Kunden weiterzugeben.

Hypothekenzinsen vergleichsweise niedrig

So liegt der durchschnittliche Zinssatz bei Überziehungskrediten (Dispo) nach einer Untersuchung der Frankfurter Finanzberatung FMH unter 56 Banken derzeit bei 12,1 Prozent - das ist nur etwas mehr als vor einem Jahr mit 11,9 Prozent. Auch die "Häusle-Bauer" können sich freuen: die Hypothekenzinsen, die sich am Markt und der langfristigen Entwicklung orientieren, sind nur wenig gestiegen. Bei der kurzfristigen Geldanlage, beim Festgeld, ist der Zinssatz im gleichen Zeitraum deutlich stärker geklettert von 3,66 auf 4,09 Prozent.

"Der Verbraucher steht besser da als vor einem Jahr", sagt Manfred Westphal vom Bundesverband Verbraucherzentralen. "Die Anlegerzinsen sind gestiegen und die Zinsen im Kreditbereich relativ stabil geblieben." Allerdings warnt der Verband bei der Geldanlage vor Lockangeboten mit Superkonditionen: "Diese gelten oft nur für einen kleinen Kundenkreis und für begrenzte Zeit", sagt Westphal.

Misstrauen unter den Banken

Unter den Banken grassiert seit vergangenem Sommer das Misstrauen: Da unsicher ist, ob in den Bilanzen infolge der US-Immobilienkrise noch Verluste anfallen, halten viele Banken ihr Geld zurück. Daher ist es für sie teuer geworden, sich Geld von anderen Instituten auszuleihen. Der Zinssatz dafür liegt im Euro-Raum bei 4,8 Prozent - das ist deutlich mehr als der EZB-Leitzins von 4,0 Prozent. Die Notenbanken weltweit haben in den vergangenen Monaten mehrfach mit Milliardenspritzen den ausgetrockneten Geldmarkt bewässert - mit begrenztem Erfolg.

Verbraucher sollten sich aber nicht zu früh freuen: Wenn die Bank Guthaben höher verzinst, so gilt das nur für die neu abgeschlossenen Darlehen - alle anderen laufen zu den alten Sätzen weiter. Das gleiche gilt, wenn Kredite billiger vergeben werden. Deshalb dauert es länger, bis eine Zinsveränderung bei den Konsumenten ankommt. "Die Wirkungen auf die Konjunktur treten mit einer Verzögerung von einem halben Jahr ein", sagt Karsten Junius von der DekaBank.

Steuerzahler zahlt die Zeche

Zudem hat die Finanzkrise für Verbraucher viele Schattenseiten. Als Steuerzahler wird der Konsument für Milliardenverluste wie bei der Mittelstandsbank IKB, für den die staatliche KfW Bankengruppe einspringt, zur Kasse gebeten. Als Kreditnehmer ist es nicht mehr so leicht, an Geld zu kommen und es müssen mehr Sicherheiten hinterlegt werden. "Die Banken müssen angesichts der Finanzmarktentwicklung die Risiken genauer als früher in den Blick nehmen", teilt der Bundesverband deutscher Banken mit. Von einer Kreditklemme sprechen die Experten aber nicht. "Darauf gibt es keine Hinweise", sagt EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. "Die Kreditvergabe an private Haushalte ist weiterhin sehr robust."

Der Zins für Kredite hängt neben dem Leitzins auch davon ab, wie hoch das Vertrauen der Bank in die Fähigkeit des Schuldners ist, seinen Kredit zurückzuzahlen, sowie von der Inflation und den Erwartungen an künftige Leitzinsveränderungen. Die gestiegene Inflation, die derzeit bei 3,1 Prozent in Deutschland liegt, zehrt den Zinsgewinn teilweise auf. "Die hohe Inflationsrate schadet dem Kapitalanleger", sagt Junius. "Sie nutzt aber dem Kreditnehmer, weil die Löhne steigen und er seinen Kredit leichter bedienen kann."

Quelle: ntv.de

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