Wer bekommt den "Windbeutel"? Foodwatch stellt Kandidaten vor
18.04.2013, 10:53 UhrSpezielle Lebensmittel für Kinder haben meist eine kindgerechte Aufmachung, aber selten kindgerechte Zutaten. Drei Viertel von ihnen enthalten reichlich Fett oder Zucker, moniert Foodwatch. Jetzt ruft die Organisation erneut zur Wahl der "dreistesten Werbelüge" auf.
Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch sucht die "dreisteste Werbemasche" des Jahres für ein Kinderlebensmittel: Ab heute können Verbraucher darüber entscheiden, welches Unternehmen den Negativpreis "Goldener Windbeutel" bekommt. Ein Monat ist Zeit, um sich auf der Internetseite www.goldener-windbeutel.de zwischen fünf Produkten zu entscheiden.
"Kinder sind die Zielscheibe der perfidesten Werbestrategien von Lebensmittelherstellern", erklärte Foodwatch-Experte Oliver Huizinga. Die Unternehmen versuchten mit allen Mitteln, "den Einfluss der Eltern zu umgehen und Kinder für jene Produkte anzufixen, die die höchsten Gewinnmargen versprechen - und das sind nun einmal Süßigkeiten und Snacks".
Marketing an der Schule
Foodwatch nominierte unter anderem "Capri Sonne" von Wild/SiSi-Werke für "Schul-Marketing und Sport-Schwindel". Für die "Wasser-Zucker-Aroma-Mixtur mit ein bisschen Fruchtsaft" setze der Hersteller auf die Nähe zum Sport. Das Unternehmen erklärte dazu, die Produkte unter der Marke "Capri Sonne" seien "klassische Fruchtsaftgetränke". Der Zuckergehalt entspreche dem dafür üblichen Wert von zehn Prozent und sei korrekt deklariert.
Dem Unternehmen Ehrmann warf die Verbraucherschutzorganisation vor, mit dem Joghurt "Monster Backe Knister" Süßwaren zum Spielzeug umzudeuten. Der Hersteller setze alles daran, "überzuckerte Produkte als Spielzeug zu vermarkten". Ehrmann wies die Vorwürfe zurück. "Wer sich ausgewogen ernährt, kann sich auch mal mit etwas Besonderem belohnen", erklärte das Unternehmen. Das gelte auch für verantwortungsbewusste Eltern.
Der Pudding "Paula" ist durch den jahrelangen Rechtsstreit zwischen Dr. Oetker und Aldi in die Schlagzeilen geraten. Nun sorgt Foodwatch für Negativpresse: "Paula" gehe auf "digitalen Kinderfang". Für den Pudding in Kuhflecken-Optik, der 13 Prozent Zucker enthält, schlage der Hersteller eine "wahre Materialschlacht" von Klingeltönen bis zu Internet-Spielen. Dr. Oetker erklärte, "Paula" sei eindeutig als Pudding deklariert und werde als solcher beworben.
Was gesund ist, bestimmt der Hersteller
Auf der Nominierungsliste steht zudem der Snack "Pom-Bär" von Funnyfrisch. Es handele sich um ein "Paradebeispiel scheinheiliger Werbebeschränkungen", erklärte Foodwatch. Der Hersteller schließe in einer Selbstbeschränkung grundsätzlich die Werbung an Kinder unter zwölf Jahren aus - außer, wenn die Produkte besondere Nährwert-Eigenschaften erfüllten. Für den Snack, der doppelt so fettig und fünfmal so salzig ist wie eine Portion Mc Donald's Pommes, würde diese Hürde aber sehr niedrig gelegt, moniert foodwatch. Funnyfisch äußerte sich zunächst nicht.
Die Frühstücksflocken "Kosmostars" von Nestlé nominierte Foodwatch für "Zucker-Kleinrechen-Tricks". Der Konzern werbe mit "weniger als neun Gramm Zucker pro Portion", rechne die Portion aber auf 30 Gramm klein. Tatsächlich steckten 25 Prozent Zucker in der "Kosmostars", mehr als beispielsweise in Butterkeksen. Nestlé erklärte, man kennzeichne Nährwerte in Lebensmitteln wie Zucker "transparent auf den Verpackungen, und zwar sowohl bezogen auf normale Portionsgrößen als auch auf 100 Gramm".
Foodwatch vergibt den "Goldenen Windbeutel" seit 2009. Im letzten Jahr musste Hipp die zweifelhafte Ehrung für seinen Kindertee entgegennehmen. Der Babykost-Hersteller nahm den Tee ein paar Monate später vom Markt.
Quelle: ntv.de, AFP