Schönfärberei oder Betrug? Frisierte Bewerbung
16.10.2006, 09:20 UhrMit der Bewerbung ist es wie mit einem perfekten Outfit: "Die Vorzüge betonen, die Handicaps kaschieren", lautet die Empfehlung der Karriereberaterin Madeleine Leitner aus München.
Schließlich seien die Anforderungen in manchen Stellenausschreibungen geradezu utopisch. "Die Firmen wollen damit auch abschrecken, damit sie nur 100 und nicht 1000 Bewerbungen durchsehen müssen."
Für Leitner gibt es daher die weißen und die schwarzen Lügen. "Die schwarzen sind die Unwahrheit, die weißen das Verschweigen", sagt sie. Der eine oder andere Bewerber allerdings entwickelt bei der Darstellung seiner Biografie allzu viel Fantasie und Kreativität. Falsche Zeugnisse, frei erfundene akademische Titel und nie absolvierte Arbeitsstationen sind keine Seltenheit.
"Wir haben da schon fast alles erlebt", sagt Manfred Lotze von der Wirtschaftsdetektei Kocks in Düsseldorf. Das beginne bei Schönfärberei, etwa wenn jemand schreibt, er habe in seinem alten Job Personalverantwortung gehabt -tatsächlich aber nur für einen Auszubildenden. Leitner rät, nicht zu lügen, aber möglichst alles weg zu lassen, was Irritationen erzeugen könnte. Schließlich könne jede merkwürdig erscheinende Information dazu führen, schon im Vorfeld aussortiert zu werden.
Und das Ziel müsse schließlich sein, zunächst zum Gespräch eingeladen zu werden. Denn oftmals überzeugten die Bewerber erst dann und später im Job. Leitner empfiehlt zudem, Gemeinsamkeiten des eigenen Werdegangs mit den Anforderungen der neuen Stellung herauszuarbeiten. "Man darf durchaus seine Biografie glätten", sagt sie.
Am häufigsten wird nach Erfahrung von Jochen Meismann von der Wirtschaftsdetektei ConDetect in Dorsten (Nordrhein-Westfalen) bei den Fremdsprachen zu dick aufgetragen. "Das ist bei den gängigen Sprachen aber sehr schnell zu überprüfen, indem man im Bewerbungsgespräch einfach einen Muttersprachler dazu holt und Teile der Unterhaltung dann in der Fremdsprache führt."
Die Wirtschaftsdetektive halten kleine Schummeleien noch für die harmlose Variante. Wer allerdings Zeugnisse fälscht, sich eigene Beurteilungen schreibt oder über seinen Werdegang lügt, begeht strafbare Handlungen bis hin zu betrügerischen Täuschung.
"Wir haben schon Bewerber erlebt, die Zeugnisse von Firmen eingereicht haben, die seit Jahren insolvent sind", berichtet Meismann. Auch das manipulierte Zeugnis der Freundin gehöre inzwischen zum Standardrepertoire von Bewerbungsschummlern. "Das ist Urkundenfälschung", warnt Meismann.
Die Technik macht all das möglich. "Vor 25 Jahren kamen frisierte Bewerbungen längst nicht so oft vor", sagt Meismann. Schließlich sei es wesentlich schwieriger gewesen, sich Blankobriefbögen von Firmen, Unis oder Institutionen zu besorgen und dann zu manipulieren. "Heute kommt man dank des Internets viel einfacher an Informationen. Und modernste Kopierer, Scanner und Computer machen das Fälschen extrem einfach."
Quelle: ntv.de