Erleichterung für Altersvorsorge Garantiezins für Lebensversicherungen soll steigen
30.11.2023, 11:08 Uhr Artikel anhören
Es wäre die erste Anhebung des Höchstleistungszinses seit Jahrzehnten.
(Foto: imago/Schöning)
Steigende Zinsen am Kapitalmarkt begünstigen auch die private Altersvorsorge. Nun schlägt die Deutsche Aktuarvereinigung zum ersten Mal seit fast 30 Jahren eine Erhöhung des Höchstrechnungszinses um 0,75 Prozent vor. Das kommt Neuanlegern zugute - für Altpolicen ändert sich jedoch nichts.
Kunden von Lebensversicherungen profitieren zunehmend vom Ende der Zinsflaute. Erste Versicherer kündigten eine Erhöhung der laufenden Verzinsung des Altersvorsorgeklassikers für 2024 an. Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), der einflussreiche Berufsverband der Versicherungsmathematiker, schlägt zugleich eine Erhöhung des Höchstrechnungszinses für Neuverträge vor. Das wäre die erste Erhöhung des Zinses seit gut 30 Jahren.
Aktuell liegt dieser Zins bei 0,25 Prozent. Ab 2025 könnte er auf 1 Prozent steigen. "Wir denken, dass ein Zins von 1,0 Prozent langfristig vertretbar ist", sagte DAV-Vorsitzender Maximilian Happacher. Die Zinsen, die Versicherer am Kapitalmarkt erwirtschaften könnten, seien wieder so hoch wie vor 10 bis 15 Jahren, sagte Happacher.
Was unterscheidet Höchstrechnungszins vom Garantiezins?
Umgangssprachlich wird der Höchstrechnungszins oft mit dem Garantiezins gleichgesetzt. Dabei handelt es sich hierbei aber um verschiedene Werte. Unter dem Begriff Garantiezins verstehen Experten den Wert, den Versicherungen ihren Kunden bei der Beitrags- und Leistungsberechnung mindestens zusichern. Zur langfristigen Erfüllung dieser Garantien schreibt das Handelsgesetzbuch vor, dass Unternehmen entsprechende Rückstellungen in ihrer Bilanz zu bilden haben. Diese Rückstellungen werden mit dem sogenannten Reservierungszins ermittelt, der laut gesetzlichen Vorgaben den vom Bundesfinanzministerium letztendlich festgelegten Höchstrechnungszins nicht überschreiten darf. In der Vergangenheit waren Reservierungs- und Garantiezins in der Regel gleich hoch.
Der Höchstrechnungszins war zuletzt 1994 angehoben worden, der Wert von damals 4,0 Prozent galt bis Sommer 2000 für Neuverträge. Der Höchstrechnungszins begrenzt den Garantiezins, den Versicherer über die gesamte Laufzeit eines Lebensversicherungsvertrages garantieren dürfen. Änderungen des Garantiezinses gelten jeweils ausschließlich für neue Lebensversicherungsverträge. An laufenden Verträgen, für die die Lebensversicherer in der Vergangenheit zum Teil Zinsgarantien von vier Prozent ausgesprochen hatten, ändert sich durch eine Neuregelung nichts.
"Solvency II" - Regulierung
"Aktuell kann man davon ausgehen, dass auch die Renditen langfristiger Staatsanleihen über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von 2,0 Prozent verbleiben werden", begründete Happacher die Empfehlung. Damit sei davon auszugehen, dass der Höchstrechnungszins mittelfristig stabil gehalten werden könne. "Die Zinsen werden aller Voraussicht nach vorerst also nicht wieder auf alte Tiefststände fallen", so der Versicherungsmathematiker.
In der Dauer-Niedrigzinsphase war der Satz immer weiter abgeschmolzen worden, zuletzt 2022 von 0,75 auf 0,25 Prozent. Er orientiert sich an der Rendite, die die Versicherer langfristig mit sicheren Papieren erwirtschaften können, abzüglich eines Sicherheitspuffers von 0,4 Prozent. Der Höchstrechnungszins hat aber zuletzt an Bedeutung verloren, weil immer mehr Lebensversicherer unter dem Druck der "Solvency II"-Regulierung und der niedrigen Zinsen Produkte nur noch ohne oder mit geringeren Garantien anbieten.
Laufende Verzinsung steigt
Über die endgültige Höhe des Höchstrechnungszinses entscheidet das Bundesfinanzministerium - in der Regel folgt es jedoch der Empfehlung des DAV und der Finanzaufsicht BAFIN. Der Höchstrechnungszins soll verhindern, dass sich Versicherer mit Garantieversprechen übernehmen. Seit der Zinsflaute bieten die meisten Lebensversicherer im Neugeschäft allerdings nur noch Produkte mit abgespeckter Garantie an.
Zur laufenden Verzinsung der Lebensversicherung zählt auch die Überschussbeteiligung, die Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu festsetzen und die auch Altkunden betrifft. Die laufende Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten.
Versicherte profitieren auch von frei werdenden Mitteln
Erste Versicherer erhöhen die Überschussbeteiligung für das kommende Jahr, darunter die Ergo Lebensversicherung und die Alte Leipziger. "Jedes Unternehmen trifft die Entscheidung nach eigener Lage. Grundsätzlich spiegeln sich in erhöhten Überschussbeteiligungen höher verzinste Neuanlagen sowie aktuell in geringem Umfang auch frei werdende Mittel aus der Zinszusatzreserve wider", erläuterte Happacher.
In der Zinsflaute mussten Lebensversicherer einen Kapitalpuffer - im Fachjargon Zinszusatzreserve - aufbauen, um die hohen Garantien für Altverträge abzusichern. Dieses Geld konnte nicht an die Kunden ausgeschüttet werden. In der Spitze war der Kapitalpuffer mit knapp 100 Milliarden Euro gefüllt. Im laufenden Jahr dürfte sich der Puffer Happacher zufolge wegen schrittweise frei werdender Mittel auf etwas unter 90 Milliarden Euro belaufen. "Die Summe wird in den kommenden Jahren weiter sinken."
Quelle: ntv.de, mes/dpa/rts