Erste Banken reagieren Immobilienpreise geben nach
10.04.2020, 06:32 Uhr
Die Wirtschaft wird sich nur langsam von der momentanen Ausnahmesituation erholen. Das wirkt sich auch auf den Immobilienmarkt aus.
(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/Archivbild)
Die Corona-Krise hat den Immobilienmarkt erreicht. Für alle, die vom Eigenheim träumen, sind das keine guten Nachrichten. Zwar sinken die Preise für Häuser und Wohnungen, jedoch werden auch die Geldgeber wieder strenger. Was Käufer und Bauherren jetzt wissen müssen.
Wann neigt sich die Kurve mit den Infektionszahlen nach rechts? Wann werden die Ausgangsbeschränkungen gelockert? Und wann können wir zu unserem gewohnten Leben zurückkehren? Es gibt wohl niemanden in Deutschland, der sich derzeit nicht diese Fragen stellt. Und es gibt leider auch niemanden, der derzeit die Antworten darauf kennt.
Nur eines ist jetzt schon klar: Egal, ab welchem Datum die Beschränkungen gelockert oder gar aufgehoben werden: Die Wirtschaft wird sich nur langsam von der momentanen Ausnahmesituation erholen. Das wirkt sich auch auf den Immobilienmarkt aus.
Wie schon Mitte März an gleicher Stelle geschrieben, geben die Immobilienpreise nach. Erste Abwärtstrends sind bereits zu erkennen, auch wenn der eine oder andere Fachmann diese Entwicklung (noch) nicht wahrhaben will.
Die Preisrallye geht zu Ende
Ein Grund für den Trend nach unten ist, dass viele Kauf- und Bauinteressenten ihr Vorhaben erst einmal zurückstellen und beobachten, wie es in den kommenden Monaten weitergeht. In Zeiten, in denen nichts sicher scheint – am wenigsten der eigene Job – will sich eben niemand ohne Not vorschnell verschulden.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Auch wer genug Eigenkapital besitzt, um eine günstige Finanzierung zu ergattern, wird derzeit zweimal überlegen, ob er seine gesamten Ersparnisse (oder zumindest den Löwenanteil) in einer Immobilie binden will. Viele werden sich dagegen entscheiden, weil sie angesichts der möglichen Folgeschäden der Krise lieber mehr liquide Mittel behalten wollen.
So unterschiedlich die Motive für die Zurückhaltung auch sind: Sie alle lassen die Nachfrage sinken und drücken die Immobilienpreise – und zwar flächendeckend
Besondere Zeiten für Kaufinteressenten
Paradoxerweise führt damit ausgerechnet eine historische Ausnahmesituation dazu, dass auf dem Immobilienmarkt wieder eine Art Normalität entsteht. Während Interessenten in den vergangenen Jahren teils das Gefühl hatten, am besten gleich bar zahlen zu müssen, um überhaupt eine Chance auf ihr Traumhaus zu haben, kann es jetzt durchaus sein, dass ein Objekt ein paar Wochen länger auf dem Markt bleibt. Allein das schafft schon Raum für Preisverhandlungen
Zugegeben: Die Ausgangsbeschränkung macht es an der einen oder anderen Stelle schwierig, das Objekt zu besichtigen. Erste Eindrücke lassen sich aber durchaus per Video-Rundgang vermitteln. Und vielleicht ist das ja auch kein Schaden, wenn lästige Sammeltermine nicht mehr stattfinden, sondern Interessenten einzeln die Räume betreten müssen.
Banken reagieren bereits auf die Krise
Problematisch für den einen oder anderen Käufer ist allerdings die Markteinschätzung der Banken, die offenbar auch mit sinkenden Immobilienpreisen rechnen und die Praxis ihrer Kreditvergabe entsprechend anpassen. So hat etwa die Hamburger Sparkasse gerade mitgeteilt, dass sie für Neukunden keine Baufinanzierungen mehr anbietet. Offiziell begründen die Verantwortlichen diesen Schritt mit der hohen Arbeitsbelastung durch die Vergabe der Corona-Hilfskredite. Ob noch weitere Motive hinter dieser Entscheidung stehen, wissen wohl nur die Verantwortlichen selbst. Fest steht jedoch: Für den Immobilienmarkt in Hamburg sind es keine guten Nachrichten, wenn sich der Platzhirsch für einige Wochen aus der privaten Baufinanzierung zurückzieht bzw. Kredite zurückhält.
Einen anderen Weg beschreitet die Münchener Hypothekenbank. Sie bietet seit Ende März keine 100-Prozent-Finanzierungen mehr an, sondern vergibt Kredite nur noch bis 80 Prozent des Kaufpreises. Man könnte hier unterstellen, dass die Bank in den kommenden Jahren mit geringeren Immobilienwerten rechnet und Kreditausfälle später vermeiden möchte.
Andere Institute, wie die Wüstenrot, BBBank oder auch die ING teilen mit, dass sie für Finanzierungen von mehr als 80 Prozent des Kaufpreises höhere Zinsaufschläge verlangen. Diese Einschränkungen und Beleihungsaufschläge wirken sich wiederum negativ aus, wenn man etwas Eigenkapital zurückhalten will.
Diese und alle anderen zinsrelevanten Entwicklungen berücksichtigt der FMH-Zinsvergleich für die Baufinanzierung quasi in Echtzeit – und es ist zu erwarten, dass es in den kommenden Wochen und Monaten noch etliche solcher Änderungen geben wird. Auf absehbare Zeit ist sogar zu erwarten, dass Baufinanzierung ohne Eigenkapital oder Zusatzsicherheiten kaum noch möglich sein dürfte. Und weil auch diese Kaufkunden fehlen, sinkt die Nachfrage auch deshalb noch einmal.
Verhandeln und Vergleichen lohnt
Kaufinteressenten, die die nötigen Mittel haben, stellt das vor schwierige Entscheidungen. Sollen sie jetzt kaufen – und womöglich doch noch zu viel zahlen? Oder lohnt es sich abzuwarten, auf die Gefahr hin, dass die Finanzierung schwieriger bzw. teurer wird?
Zumindest bei der Frage, ob höhere Zinsen oder höhere Preise eher zu verschmerzen sind, ist die Antwort eindeutig: geringere Immobilienpreise wiegen mehr als etwas höhere Bauzinsen. Nach Berechnungen der FMH ist die Restschuld nach 20 Jahren deutlich niedriger, wenn der Kunde einen niedrigen Preis gezahlt, aber etwas höhere Zinsen akzeptiert hat. Intensive Preisverhandlungen mit dem Makler oder Verkäufer lohnen sich in jedem Fall. Wer zusätzlich auch noch die Kreditkonditionen vergleicht und sein Darlehen beim günstigsten Anbieter abschließt, der kann auch in der Krise relativ beruhigt ein Eigenheim erwerben.
Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Quelle: ntv.de