Wenn die Versicherung nicht zahlt Internetportal will Geld eintreiben
10.08.2010, 08:20 UhrViele Deutsche haben ein hohes Sicherheitsbedürfnis und möchten sich am besten gegen alle Risiken des Alltags und des Lebens absichern. Ärgerlich ist allerdings, wenn die Versicherung im Schadensfall versucht, gar nicht oder nur eine geringere Summe zu zahlen. Ein neues Portal versucht zu helfen - gegen eine hohe Gewinnbeteiligung.

(Foto: Claudia Hautumm, pixelio.de)
Rund 1800 Euro gibt jeder Deutsche jährlich im Schnitt für die unterschiedlichsten Versicherungen aus. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entfallen davon rund 800 Euro auf die Altersvorsorge, 600 Euro auf einen Risikoschutz mit Haftpflicht-, Kfz-, Unfall-, Berufsunfähigkeits-, Hausrat- und Risikolebensversicherung. Rund 400 Euro fließen in die private Krankenversicherung.
Wer so viel zahlt, hofft natürlich im Schadensfall auf eine reibungslose Regelung. Doch in der Realität gibt es gerade bei den Risikoversicherungen oft Streitfälle. Seit kurzem ist ein neues Internetportal an den Start gegangen, das an diesen Streitfällen mitverdienen möchte, indem es für die Versicherungskunden mehr Geld herausholt, als diese selbst in der Lage waren zu bekommen. Unter versicherungzahltnicht.de sind Fälle aufgeführt, die bereits erfolgreich abgeschlossen wurden.
Unfall eines Dachdeckers
Da ist beispielsweise von einem Dachdecker die Rede, der vom Dach gefallen ist. Der 48-jährige war selbständiger Dachdeckermeister, hat aber nur zwei Mitarbeiter beschäftigt. Der Unfall ließ nur noch extrem eingeschränkte körperliche Arbeiten zu. Arbeiten auf dem Dach waren überhaupt nicht mehr möglich. Der Versicherer zahlte mit der Begründung, dass er seinen Betrieb ja weiterführen könne, nur eine Teilinvaliditätsrente. Versichrungzahltnicht.de hat nach eigenen Angaben den Versicherer dazu gebracht, 100 Prozent der Berufsunfähigkeitsrente auszuzahlen.
Im wahrscheinlich gleichen Fall greift auch noch die Unfallversicherung. Ein eingeschalteter Gutachter ermittelte nach dem Sturz vom Dach eine Invalidität von 40 Prozent und die Versicherung zahlte daraufhin 120.000 Euro. Damit war der Versicherte nicht einverstanden. Mit Hilfe des Portals und einem neuen Gutachten kletterte die Invalidität um weitere 20 Prozent und bescherte eine zusätzliche Versicherungsleistung in Höhe von 60.000 Euro. Diese kann der Versicherte allerdings nicht allein einstreichen. 20 Prozent des Geldbetrags, der durch die Arbeit von versicherungzahltnicht.de für den Versicherungsnehmer herausgesprungen ist, kassiert das Portal als Gebühr. Sind die Bemühungen erfolglos, muss der Kunde allerdings auch nichts zahlen.
Hohe Erfolgsgebühr
Die Erfolgsgebühr ist hoch. Das Geschäftsmodell ist aber in einem anderen Bereich schon bekannt. Die Vorgehensweise ähnelt der Arbeit der Prozessfinanzierer. Hierbei strecken Gesellschaften die Kosten für Anwälte, Gutachter und Gerichtsgebühren vor und erhalten bis zu 30 Prozent von der Summe, die durch einen gerichtlichen Vergleich oder ein Urteil herausspringt. Hier geht es allerdings meist um größere Beträge ab 100.000 Euro. Eine Mindestsumme gibt es bei versicherungzahltnicht.de bislang nicht.
Der Weg des Portals, das den Kunden mit dem Spruch "Wir retten Sie aus den Fängen der Versicherung" begrüßt, ist ein Weg, den jeder Versicherte erst einmal selbst beschreiten sollte. Hierzu gehören zunächst die Kontaktaufnahme mit der Versicherung und ein reger Beschwerde-Schriftverkehr, denn die Versicherer neigen dazu, erst einmal eine Minimal-Lösung zu fahren, was aus betriebswirtschaftlicher Sicht natürlich sinnvoll ist.
Versicherungsombudsmann ist kostenfrei
Führt die persönliche Auseinandersetzung nicht zum Erfolg, führt der nächste Weg zum Versicherungsombudsmann, der einen Streit kostenlos schlichten kann. Dieser wird von den Assekuranzen finanziert. Der Ombudsmann ist für alle Versicherungen bis auf die private Krankenversicherung zuständig. Hier gibt es einen anderen Schlichter. Der Versicherungsombudsmann, Günter Hirsch, hat mit seinem Team im vergangenen Jahr 18.145 Beschwerden bearbeitet. In etwas über einem Drittel der Fälle führt die Schlichtung über den Ombudsmann zum Erfolg. In allen anderen Fällen stehen immer noch die restlichen Wege offen. Dies ist zum einen der Gang zum Anwalt, der mit einem Gerichtsprozess enden kann, oder beispielsweise auch die Kontaktaufnahme mit versicherungzahltnicht.de. Hier muss jeder selbst abwägen, welcher Weg der bessere ist. Die Anwaltskosten richten sich nach der Höhe des Streitwertes und liegen in der Regel deutlich unter 20 Prozent des Streitwertes. Allerdings müssen Anwaltskosten auch beglichen werden, wenn der Rechtsbeistand keinen Erfolg hat. Der Gang zum Anwalt ist vorzuziehen, wenn man eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat und diese die Kosten übernimmt.
Hat der Versicherte seine Möglichkeiten ausgereizt und möchte nicht das Risiko eingehen, dass er auf Anwaltskosten sitzen bleibt, kann versichungzahltnicht.de eine Alternative sein, denn für den Kunden ist das Einschalten des Portals nur im Erfolgsfall mit Kosten verbunden. Dann sind 80 Prozent einer Summe X immer noch die bessere Alternative zu nichts.
Quelle: ntv.de