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Verhaftet ohne Straftat Ist Polizeigewahrsam rechtens?

Die Stimmung vor dem Lokalderby zwischen Hannover 96 und dem VfL Wolfsburg ist aufgeheizt. Als die Lage eskaliert, nimmt die Polizei unter anderem einen jungen 96-Fan vorübergehend in Gewahrsam. Eine Straftat hat er bis dahin nicht begangen. Dieser Verhinderungsgewahrsam sei menschenrechtswidrig, findet der Mann und klagt.

Ist präventiver Freiheitsentzug gerechtfertigt? Der Fall dürfte bis vors Bundesverwaltungsgericht gehen und ist von grundsätzlicher Bedeutung.

Ist präventiver Freiheitsentzug gerechtfertigt? Der Fall dürfte bis vors Bundesverwaltungsgericht gehen und ist von grundsätzlicher Bedeutung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Werden gewaltbereite Fußballfans in Gewahrsam genommen, verpassen sie nicht nur das Spiel, sondern müssen auch noch die Kosten selbst tragen. Das Verwaltungsgericht Hannover hat jetzt entschieden, dass der sogenannte Verhinderungsgewahrsam nicht gegen Menschenrechte verstößt. Noch ist das letzte Wort in Sachen Unterbindungsgewahrsam aber nicht gesprochen.

Geklagt hatte ein 18-jähriger Fan von Hannover 96, der bereits vor einem früheren Spiel durch Angriffe auf Fans des VfL Wolfsburg aufgefallen war. Um neue Gewalttätigkeiten zu verhindern, nahm die Polizei den Mann vor dem nächsten Derby in Gewahrsam, als die Situation zwischen verfeindeten Ultra-Fans zu eskalieren drohte. Erst als das Spiel vorbei war, kam er wieder auf freien Fuß. Die Kosten in Höhe von 25 Euro sollte er selbst tragen.

Die Klage richtete sich sowohl gegen diese Kosten also auch gegen den vorbeugenden Gewahrsam an sich. Dieser verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Das sahen die Verwaltungsrichter allerdings anders: Zwar hatte der EGMR tatsächlich die fünftägige Ingewahrsamnahme zweier Männer während des G8-Gipfels in Heiligendamm für unrechtmäßig erklärt und festgestellt, dass ein Freiheitsentzug sei nur in Zusammenhang mit einem Strafverfahren gerechtfertigt sei. In dem damaligen Urteil hatten die Richter auch durchblicken lassen, dass sie die Vorschriften zum Unterbindungsgewahrsam in den deutschen Landespolizeigesetzen für fragwürdig hielten. Es gab aber keine förmliche Beanstandung und nur die ist bindend. Der Richterspruch des Verwaltungsgerichts ließ das Urteil aus Straßburg deshalb unberücksichtigt.

In der Menschenrechtskonvention ist zwar in Artikel 5 das Recht auf Freiheit und Sicherheit garantiert, sie sieht aber auch Beschränkungen vor – unter anderem dann, wenn Personen von Straftaten abgehalten werden sollen. Unter bestimmten Bedingungen sei ein präventiver Arrest unerlässlich, fand das Gericht. Deshalb sahen die Richter keinen Grund, der Klage des Fußballfans stattzugeben. Auch die Gebühren hielten sie für rechtmäßig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das Gericht aber die Berufung zugelassen und die will der Klägeranwalt auch nutzen. Vermutlich wird am Ende das Bundesverwaltungsgericht endgültig Klarheit schaffen.   

Quelle: ntv.de, ino

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