Kirchliche Trauung Kein Standesamt mehr nötig
24.11.2008, 08:27 UhrVor der Kirche muss der Staat seinen Segen geben. Schon seit Bismarcks Zeiten ist eine kirchliche Hochzeit in Deutschland erst dann möglich, wenn vorher der Standesbeamte das Rechtliche geklärt hat. Das soll nun anders werden. Die Reform des sogenannten Personenstandsgesetzes führt dazu, dass vom kommenden Jahr an allein vor dem Altar das Ja-Wort fallen kann.
Für heiratswillige Paare wird es dadurch nicht unbedingt einfacher. Denn das "Ja-Wort" vor dem Pfarrer wird das "Ich will" vor dem Standesbeamten nicht ersetzen oder einschließen: Die rein kirchlich getrauten Eheleute werden vor dem Gesetz weiter als unverheiratet gelten. Folglich haben sie auch nicht die damit verbundenen zivilen Rechte, wie den Anspruch auf Unterhalt oder Versorgungsausgleich.
Außerdem wird es eine Traumhochzeit ohne Standesamt nur für katholische Paare geben, denn die evangelische Kirche will weiter an der alten Regelung festhalten. Das liege unter anderem daran, dass der Ehe in der evangelischen Kirche eine andere Bedeutung hat als bei den Katholiken, erläutert Oberkirchenrat David Gill von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin: "Dort ist die Ehe ein Sakrament, in der evangelischen Kirche ist sie das nicht."
Rechtliche Bedenken
Doch auch rechtliche Bedenken sprechen nach Ansicht der EKD für das Festhalten am Althergebrachten: "Die Eheschließung kann rechtlichen Schutz nur dann entfalten, wenn sie auch vor dem Standesbeamten geschlossen wird." Die Katholiken wollen den Eheleuten in spe künftig dagegen die rein kirchliche Hochzeit ermöglichen. Sie wollen sie im Rahmen dessen aber auch ausdrücklich auf mögliche Nachteile hinweisen: "Wir begrüßen es einerseits, dass das Sakrament der Ehe nicht mehr von staatlichen Gesetzen abhängig ist. Da aber alle Rechtsfolgen ausgeschlossen sind, wollen wir darüber aufklären", sagt Stefanie Uphues, Sprecherin des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn.
Praktisch bedeutet das künftig folgendes: Das Paar erklärt zunächst schriftlich, dass es nur kirchlich heiraten will. Diese Erklärung muss der zuständige Ortsbischof mit seinem "Nihil obstat" ("Nichts steht dem entgegen") genehmigen. "In einem Ehevorbereitungsgespräch wird das Paar dann auch über die juristischen Nachteile der rein kirchlichen Ehe eingehend aufgeklärt", so Uphues. Am Ende steht dann das zuständige Ordinariat, das die Erklärung der Heiratswilligen und das Ehevorbereitungsprotokoll "absegnen" muss.
Andere Ländern, andere Sitten
Ein Grund für die Aufklärung ist auch, dass die katholische Kirche befürchtet, dass sich beispielsweise ausländische Paare der rechtlichen Benachteiligung durch eine rein kirchliche Ehe gar nicht bewusst sind. Denn in Italien und Griechenland, aber auch in Ländern wie Großbritannien, Dänemark oder Tschechien wird die kirchliche Ehe auch zivilrechtlich anerkannt - dort können Paare also zwischen Kirche und Standesamt wählen.
Wer sich vom neuen Jahr an nur für die kirchliche Ehe entscheidet, kann das gemeinsame Leben aber ohne weiteres vertraglich absichern, erläutert Florian Möhrle, Vorstandsmitglied der Hamburgischen Notarkammer. "Durch einen notariell beurkundeten Partnerschaftsvertrag können sich beide so stellen, als seien sie standesamtlich verheiratet." Auch Erbabsprachen sind per Vertrag möglich. Regelungsbedarf gebe es aber vor allem auch, wenn beide zusammen etwa eine Immobilie erwerben.
Für Witwen und Witwer
Interessant könnte die neue Ehe ohne Standesamt vor allem für Verwitwete werden: Denn Witwen und Witwer, die bisher aus Angst vor dem Verlust einer Hinterbliebenenrente nicht noch einmal heiraten wollten, können sich nun ohne solcherlei Folgen das Ja-Wort geben.
Und noch einen kleinen Vorteil hätte die "Ehe nur vor Gott": Die Paare ersparen sich die Gebühren beim Standesamt. Und die werden voraussichtlich im kommenden Jahr noch etwas anziehen, heißt es beim Bundesverband der Standesbeamtinnen und Standesbeamten. Denn dann dürfen wegen der Gesetzesreform die Länder und sogar zum Teil die Gemeinden über die Preise entscheiden. Derzeit muss ein Brautpaar für die sogenannte Prüfung der Ehefähigkeit 33 Euro berappen.
Quelle: ntv.de