Ratgeber

Versicherungen Mit Sicherheit überflüssig

Von Isabell No

Ein zerbrochenes Fenster, ein gesprungenes Cerankochfeld - haben Sie so was schon einmal erlebt? Die statistische Wahrscheinlichkeit ist gering. Falls doch, wird Sie die Reparatur nicht in den finanziellen Ruin getrieben haben. Dennoch haben die Deutschen Angst um ihre Scheiben, im Jahr 2005 haben sie immerhin 512 Millionen Euro in Glasbruchpolicen investiert. Die durchschnittliche Schadenshöhe lag gerade mal bei 275 Euro. Dafür investieren die Versicherten um die 60 Euro im Jahr, soviel kosten die Policen in etwa. Sinnvoll ist die Prämie allenfalls bei Häusern, in denen besonders viel Glas verbaut wurde. Zumal die Versicherung nicht einmal greift, wenn das Glas nur zerkratzt oder abgesplittert ist.

Glasbruch ist beileibe nicht das einzige überschätzte Risiko. Fast 3000 Euro gibt jeder Haushalt jährlich für Versicherungen aus, viel davon fließt allerdings in überflüssige Policen.

Vielzitiertes Beispiel ist die Insassenunfallversicherung. Sie zahlt, wenn bei einem Unfall die Mitfahrer zu Schaden kommen und kein Schuldiger gefunden werden kann, etwa bei Fahrerflucht oder einem geplatzten Reifen. Vor 2002 hatte die Police noch eine gewisse Berechtigung, mittlerweile springt in solchen Fällen aber die Kfz-Haftpflicht des Fahrers ein. Trotzdem nehmen Versicherer das Angebot nicht aus ihrem Programm - warum auch? Neu abschließen sollte man die Police sowieso nicht, wer einen Vertrag besitzt, kann ihn ruhig kündigen.

Pannenservice für die Wohnung

Es gibt schließlich noch andere Möglichkeiten, Geld herauszuwerfen. Beispielsweise für einen Haus- und Wohnungsschutzbrief, von der Versicherungsbranche als die Produktinnovation der letzten Jahre gefeiert. Im Prinzip eine schöne Sache: Bei Pannen rund ums Haus leistet die Versicherung erste Hilfe. Wespennestentfernung, Schlüsseldienst, Rohrreinigung, Notfall-Kinderbetreuung oder Kammerjäger - ein Anruf genügt, und die Versicherung schickt den gesuchten Fachmann vorbei. Liegen die Kosten des Einsatzes allerdings über den festgelegten Höchstgrenzen, muss man in die eigene Tasche greifen. Zudem werden längst nicht alle Schäden übernommen. So kommt der Kammerjäger beispielsweise nur bei Schaben, Ratten, Mäusen, Ameisen, Motten oder Silberfischchen. Hat sich dagegen der hartnäckige Speckkäfer eingenistet, muss man ihn selbst vertreiben. Knapp 60 Euro kostet der Schutzbrief im Jahr, das ist nicht sonderlich viel. Allerdings ist das Risiko, durch den Schlüsseldienst oder Klempner in den finanziellen Abgrund gerissen zu werden, auch ziemlich gering. Im Zweifelsfall kann man sich das Geld also sparen.

Schutz für Handy & Co

Genauso wie Schutzbriefe für Elektrogeräte. Ob Handy, Laptop oder Waschmaschine - oft bietet der Verkäufer nach der Produktberatung auch noch die passende Versicherung an. Kein Wunder, er freut sich schließlich über Provision. Die Kunden zahlen dagegen für Schutz, der ihnen durch die zweijährige Gewährleistungsfrist für Neuwaren sowieso zusteht. Bei Einbruch und oft auch bei Überfällen greift die Hausratpolice. Und bei Diebstahl ziehen sich die Versicherer gern mit dem Argument der groben Fahrlässigkeit aus der Affäre. Für Schusselige ist die Police sowieso nicht geeignet, denn Verlust oder Liegenlassen sind generell von der Deckung ausgeschlossen.

Schutz bei Diebstahl und anderen Gefahren verspricht auch die Reisegepäckversicherung. Einzeln wird man dieser Police kaum begegnen, in der Regel ist sie Teil eines Reisepaketes. Die einzig wirklich wichtige Reisepolice, die Auslandskrankenversicherung, wird zusammen mit weniger Wichtigem und Überflüssigem feilgeboten. Zu letzterem gehört sie Reisegepäckversicherung. In ihrer Definition, was zum Reisegepäck gehört, sind die Versicherer äußerst pingelig. Kommen Geld oder Fahrkarten abhanden, ist die Versicherung nicht zuständig, bei gestohlenen Wertgegenständen muss der Kunde äußerste Sorgfalt bei der Aufbewahrung nachweisen. Wer sein Gepäck aber sowieso mit Argusaugen bewachen muss, braucht keine Versicherung. Hat man eine Hausratpolice, sind Diebstähle aus Ferienhaus oder Hotelzimmer ohnehin gedeckt.

Sterben versichern?

Mit Berufsunfähigkeits- und Krankenzusatzpolicen schließt die private Versicherungswirtschaft Lücken, die in den letzten Jahren im gesetzlichen Versicherungsschutz entstanden sind. In vielen Bereichen ist das sinnvoll. Im Falle des Sterbegeldes versuchen Versicherer aber nur, die in die Kritik geratene Kapitallebensversicherung in neuem Gewand zu verkaufen. Ziel: Versicherte sollen schon zu Lebzeiten für ihre Beerdigung vorsorgen. Für eine angemessene Bestattung müssen sie allerdings tief in die Tasche greifen. Die Prämien steigen mit dem Einstiegsalter und können weit über 50 Euro im Monat liegen. Geld, das in einer simplen Risikolebenspolice oder in einem Sparplan sehr viel besser angelegt ist. Denn mit den Beiträgen zur Sterbegeldversicherung bezahlt man nicht nur die eigene Bestattung, sondern auch Provision und Abschlusskosten.

Teure Tiere

Unter der Rubrik "Geldschneiderei" sind auch Krankenversicherungen für Haustiere zu verbuchen. Landen Rex oder Miezi beim Tierarzt, übernimmt die Versicherung die Kosten für Diagnostik, Unterbringung und chirurgische Eingriffe. Solche Behandlungen können zwar recht teuer werden, dennoch dürfte sich die Police nur in wenigen Fällen lohnen. Angesichts von Jahresprämien ab etwa 350 Euro für Hunde und 150 Euro für Katzen müssten die Vierbeiner schon Dauergast auf dem OP-Tisch sein. Zumal Besitzer älterer Tiere meist nicht um einen Selbstbehalt herumkommen.

Gefährliches Golf

Im Aufspüren neuer Gefahren sind Versicherungen kreativ. So war Golf lange Zeit als harmloser Zeitvertreib für Rentner und Millionäre bekannt. Mittlerweile hat sich das Image gewandelt und die Versicherer wissen: Auch Golf ist ein Risikosport. Doch die Rasengemeinde kann aufatmen, die Hanse-Merkur hat die bedrohlichste Sicherheitslücke erkannt und Abhilfe geschaffen. Im Falle eines "Hole-in-One", also Einlochen beim ersten Abschlag, kommt sie für die Clubrunde auf, die der erfolgreiche Golfer seinen Mitspielern ausgeben muss.

Kündigen lassen sich überflüssige Versicherungen übrigens mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Vertragsjahres. Wer den rechtzeitigen Ausstieg verpasst, muss ein Jahr warten.

Quelle: ntv.de

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