Überstunden Nicht alles ist legal
27.09.2007, 08:04 UhrDie einen sehen sie als notwendiges Übel, anderen geht der Satz "Schatz, es wird heute wieder länger" ganz selbstverständlich über die Lippen. Überstunden gehören für viele zum Arbeitsleben einfach dazu. Klassische Überstunden könnten aber bald der Vergangenheit angehören, sagen Experten. Mehrarbeit wird immer öfter mit Arbeitszeitkonten aufgefangen.
Sich vor Mehrarbeit zu drücken ist schwer. "Arbeitnehmer müssen Überstunden machen, wenn drei Bedingungen zutreffen", sagt Michael Eckert, Vorstandsmitglied beim Deutschen Anwaltverein in Berlin. So müsse Mehrarbeit betrieblich notwendig und zumutbar sein. Auch dürften keine Vorschriften wie Lenk- und Ruhezeiten oder Höchstarbeitszeiten verletzt werden, so der Arbeitsrechtler. "Wenn ein Arbeitnehmer einfach nur keine Lust hat, Überstunden zu machen, verstößt er gegen die gegenseitige Treuepflicht." Der Betriebsrat müsse Überstunden aber zustimmen, wenn es keine entsprechende Betriebsvereinbarung gibt.
Verg ütung regeln
Angestellte sollten bereits bei der Einstellung darauf achten, wie Überstunden im Arbeitsvertrag geregelt sind. Pauschale Abgeltungsregelungen ohne Obergrenze sind laut Eckert unwirksam. Unzulässig seien daher Vertragsklauseln wie "Sämtliche Überstunden sind durch das Gehalt abgegolten". Auch die Vergütung von Überstunden sollte vertraglich geregelt sein. Fehlt eine feste Regelung, sollten Arbeitnehmer individuelle Vereinbarungen mit ihrem Chef treffen.
Was heute noch als Überstunde gilt, ist aber nicht so einfach zu benennen. "Überstunden sind mittlerweile ein schillernder Begriff", sagt Hartmut Seifert vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Böckler-Stiftung. Experten unterscheiden drei Arten von Mehrarbeit: Zum einen die klassische Überstunde, für die es Zuschläge gibt. Häufiger werde Mehrarbeit aber auch durch flexible Arbeitszeiten aufgefangen. An dritter Stelle stehen unbezahlte Überstunden ohne Freizeitausgleich.
Zeitkonten statt Abfeiern
"Langfristig verlieren die bezahlten Überstunden an Bedeutung", prognostiziert der Arbeitszeitforscher Eugen Spitznagel. Gerade in kleineren Betrieben seien Arbeitszeiten oft flexibel und eher informell geregelt.
Arbeitszeitkonten erlauben es Betrieben, über die tariflich vereinbarte Arbeitszeit hinauszugehen, aber auch darunter zu bleiben. Mehrarbeit wird dabei mit Freizeit ausgeglichen. So gibt es auch Lebensarbeitszeitkonten, die Arbeitnehmern etwa erlauben, Zeit für einen früheren Rentenbeginn oder ein Sabbatical anzusammeln. Bei einem kürzeren Zeithorizont müssen die Konten meist in einer bestimmten Frist ausgeglichen werden. Einen Zuschlag für Mehrarbeit gibt es beim Zeitkontenmodell meist nicht.
Familie bleibt auf der Strecke
In einigen Arbeitsverträgen ist die Arbeitszeit überhaupt kein Thema. Das sei vor allem bei kreativer Projektarbeit etwa in Werbe- und Eventagenturen oder Wirtschaftsberatungen der Fall, sagt Karl-Friedrich Raible von der Beratungsfirma Kienbaum. "Da zählen Resultate, nicht die Anwesenheit."
Variable Arbeitszeiten sollten Mitarbeitern dabei eigentlich in ihrer Flexibilität zugute kommen, meint Seifert. Aus rechtlicher Sicht stehen jedoch immer die Belange des Betriebs an erster Stelle. "Ob die Arbeitszeiten also in Konflikt mit den privaten Belangen stehen, hängt sehr vom Betrieb ab." Mit einem normalen Familienleben etwa sind ständig wechselnde Arbeitszeiten aber kaum vereinbar.
Quelle: ntv.de