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Bundesarbeitsgericht urteilt Offene Urlaubsansprüche nicht automatisch weg

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(Foto: IMAGO/Political-Moments)

Arbeitnehmer und Arbeitgeber streiten hierzulande immer wieder darüber, wann Urlaub verfallen oder verjährt ist. Doch der kann nicht verjähren oder bei langer Krankheit verfallen, wenn Arbeitgeber ihren Pflichten nicht nachgekommen sind und vor dem Verlust warnen, urteilt das Bundesarbeitsgericht.

Urlaub verjährt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht automatisch nach drei Jahren. Das gilt, wenn Arbeitgeber ihre Beschäftigen nicht rechtzeitig auffordern, ihren Urlaub zu nehmen, und sie vor einer drohenden Verjährung warnen, entschied das Bundesarbeitsgericht am Dienstag in Erfurt (9 AZR 266/20).

Sein Grundsatzurteil hat Auswirkungen auf viele Arbeitnehmer in Deutschland, die über offene Urlaubsansprüche streiten, die teilweise Jahre zurückliegen. Es stärkt ihre Position. Die Informationspflicht des Arbeitgebers gelte auch für Arbeitnehmer, die für lange Zeit erkrankt sind. Ihnen drohte bisher auch für das Jahr ihrer Erkrankung der Verfall von Urlaub 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres. Das gilt nun nicht mehr.

Mit ihren Urteilen setzten die höchsten deutschen Arbeitsrichter Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von September um, nachdem Arbeitgeber eine aktive Rolle spielen müssen und nicht zuschauen dürfen, wie Urlaubsansprüche erlöschen. Erfüllen sie diese Pflicht nicht, bleibe der Anspruch auf bezahlte Freizeit bestehen.

Zwei Frauen aus Nordrhein-Westfalen hatten sich bis in die höchsten Gerichtsinstanzen in Deutschland und Europa geklagt. Es ging unter anderem um 101 offene Urlaubstage aus mehreren Jahren sowie 14 Tage Resturlaub nach langwieriger Krankheit.

Steilvorlage vom EuGH

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Welche Pflichten Arbeitgeber beim Thema Urlaub haben, hat das Bundesarbeitsgericht erstmals im Februar 2019 in einem Grundsatzurteil festgeschrieben - allerdings nur für den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen. Arbeitgeber wurden von den Bundesarbeitsrichtern verpflichtet, die Beschäftigten über ihren Urlaubsanspruch zu informieren, sie aufzufordern, ihren Resturlaub zu nehmen und auf einen möglichen Verfall hinzuweisen. Kurz: Sie müssen eine aktive Rolle spielen - Juristen sprechen von Initiativpflichten oder Mitwirkungsobliegenheiten. Schließlich hätten auch Arbeitgeber ein Interesse, dass sich Urlaub in Unternehmen nicht anstaut. Die Bundesarbeitsrichter ließen aber offen, wie bei drohender Verjährung und Krankheit zu verfahren ist. Das soll nun verbindlich entschieden werden.

Das Bundesarbeitsgericht hatte die beiden Fälle aus NRW vor seiner anstehenden Entscheidung bereits dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt. Er sollte prüfen, ob europäisches Recht eine Verjährung des Urlaubsanspruchs gestatte, "wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt habe, seinen Urlaubsanspruch auszuüben". Die Entscheidung war eindeutig: Nein, sagte der Gerichtshof im September. Urlaub könne nicht verjähren oder bei langer Krankheit verfallen, wenn Arbeitgeber ihren Pflichten nicht nachgekommen seien, so der EuGH.

Quelle: ntv.de, awi/dpa

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