Ratgeber

Ein Paralleluniversum Ombudsleute schlichten immer öfter

Der Kunde meint, die Versicherung muss zahlen. Doch die Versicehrung fühlt sich nicht zuständig. Solche Fälle müssen nicht vor dem Kadi enden, wenn ein Ombudsmann vermittelt. Auch andere Branchen setzen auf Schlichter. Und es sollen noch mehr werden.

Bevor Kunden einen Rechtsanwalt einschalten, können sie sich auch an einen Ombudsmann wenden.

Bevor Kunden einen Rechtsanwalt einschalten, können sie sich auch an einen Ombudsmann wenden.

Gut gemeint, aber nicht gut gemacht: Ein Autofahrer will Starthilfe geben. Als er die Kabel an die Batterie im liegen gebliebenen Wagen anlegt, verwechselt er die Pole, k urz darauf ist die Batterie hinüber. Ein Fall für die Privathaftpflicht, meint der Mann, doch die will nicht zahlen. Bei Schäden durch Gebrauch des Fahrzeugs müsse die KfZ-Haftpflicht ran, antwortet der Versicherer. Der Autofahrer wendet sich an Günter Hirsch in Berlin. Der macht der Haftpflichtversicherung klar, dass sie zahlen muss. Denn den Schaden brachte nicht ein falscher Gebrauch des Autos, sondern des Kabels.

Hirsch, früher Präsident des Bundesgerichtshofs, ist Ombudsmann. Wer mit der Versicherung im Clinch liegt, muss nicht den langen und oft teuren Gang durch die Gerichtsinstanzen antreten. Er kann es auch erstmal beim Ombudsmann versuchen. Solche Schlichter gibt es inzwischen viele - und es sollen noch mehr werden. Es gibt Schlichtungsstellen für Kunden von Bussen, Bahnen, Schiffen und Flugzeugen, für Bankkunden und Menschen, die ihr Geld in geschlossene Fonds stecken, für privat Krankenversicherte genauso wie für Strom- und Gaskunden.

Schlichtung muss bezahlbar sein

Bis 2015 soll es das für alle Kauf- und Dienstleistungsverträge geben. So will es eine EU-Richtlinie. Innerhalb von 90 Tagen muss die Unstimmigkeit geregelt sein, kostenlos oder zu geringen Gebühren. Denn das ist oft billiger als langwierige Gerichtsverfahren, Milliarden Euro ließen sich einsparen, heißt es aus Brüssel. "Es ist ein flächendeckendes, alle Verbraucherthemen abdeckendes Netz von Schlichtungsstellen zu knüpfen", sagt Hirsch. Er spricht von einem "Paralleluniversum".

Doch Schlichtungsstelle ist nicht gleich Schlichtungsstelle. Was etwa die Unabhängigkeit angeht, seien die EU-Vorgaben unklar, kritisiert der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Bundesregierung müsse nachbessern. Der Ombudsmann für die Banken etwa werde vom Branchenverband ausgesucht, während bei den Versicherungen ein neutraler Trägerverein entscheide, in dem auch Verbraucherschützer vertreten seien.

"Ein Verbraucher wird einer alternativen Streitbeilegungsstelle, die mit vom "Gegner" angestellten Streitmittlern arbeitet, kein Vertrauen entgegenbringen", heißt es in einem Gutachten für die Verbraucherschützer. Hirschs Einrichtung in Berlin sehen sie aber als gutes Beispiel.

Jeder Vierte war erfolgreich

Knapp 19.000 Verbraucher haben sich allein im vergangenen Jahr an den 71-Jährigen und seine Mitarbeiter gewandt. Gut jeder vierte hatte Erfolg und konnte sich eine Klage sparen. Da war etwa ein Anleger, der sein Geld einer Fondsgesellschaft anvertraut hatte, die amerikanische Lebensversicherungen kaufte. Der Fonds zahlt die Prämien für die Versicherten in Amerika, dafür bekommt die Gesellschaft auch die Versicherungssumme, wenn diese sterben.

"Eine Wette auf den Tod", die als solche keinen Prozesskostenschutz verdiene, entschied die Rechtsschutzversicherung des Anlegers, als dieser den Fonds wegen falscher Beratung verklagen wollte. Hirsch wies dem Rechtschutz-Anbieter jedoch nach, dass der Anleger keine Wette eingegangen sei. Nicht helfen konnte er aber einer Frau, der Sturm und Hagel die Blumenkästen und Sonnenschirm auf dem Balkon zerstört hatten. Sie wollte dafür Geld von der Hausratversicherung. Doch die zahlt nur bei Schäden innerhalb des Hauses - auch wenn es dort selten hagelt.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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