Wegen Corona Patientenverfügung anpassen oder nicht?
12.11.2021, 11:27 Uhr
Eine Behandlung wegen Covid-19 ist kein klassischer Anwendungsfall für eine Patientenverfügung.
(Foto: picture alliance/dpa)
Jeder Mensch kann durch Unfall, Krankheit oder Alter in die Lage kommen, nicht mehr äußern zu können, welche medizinischen Behandlungen erwünscht sind oder abgelehnt werden. Durch die Corona-Pandemie fragt sich so mancher, ob nun die Patientenverfügung den Gegebenheiten angepasst werden muss.
Mit einer Patientenverfügung wird festgelegt, welche medizinischen Behandlungen und Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden, wenn sich ein Patient selbst nicht mehr äußern kann. Eine künstliche Beatmung am Lebensende können Menschen beispielsweise durch eine entsprechende Verfügung ablehnen.
Allerdings kann bei einem schweren Covid-19-Verlauf aber genau diese Maßnahme Leben retten. Denn immer noch ist die Beatmung in schweren Fällen die einzige Möglichkeit, einen Patienten zu behandeln und zu retten, solange noch keine Medikamente gegen das Coronavirus verfügbar sind. In einem Großteil der Fälle trägt die Beatmung dazu bei, dass sich die Lunge erholen kann und der Patient gesund wird.
Aufgrund der aktuellen Lage haben viele Menschen das Bedürfnis, ihre Patientenverfügung zu überprüfen oder eine zu erstellen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang aber auch die Vorsorgevollmacht oder die Betreuungsverfügung.
(Kein) Anwendungsfall für eine Patientenverfügung
Sollten also Menschen, die eine künstliche Beatmung als lebenserhaltende Maßnahme in ihrer Patientenverfügung ausgeschlossen haben, das Dokument doch besser noch einmal anpassen? Finanztest hat die Frage schon vor einiger Zeit beantwortet. Denn eine Behandlung wegen Covid-19 ist kein klassischer Anwendungsfall für eine Patientenverfügung. Die durch das Coronavirus Sars-CoV-2 ausgelöste Lungenkrankheit kann zwar bei einem schweren Verlauf eine künstliche Beatmung notwendig machen, für die ein Patient aber vorher in ein künstliches Koma versetzt wird. Mit der dauerhaften Entscheidungsunfähigkeit, die Voraussetzung dafür ist, dass eine Patientenverfügung überhaupt zu beachten ist, hat das künstliche Koma nichts zu tun. In die Beatmung samt Komazustand hat der Patient nach Aufklärung vorher eingewilligt. Die Behandlung ist darauf ausgerichtet, dass der Patient wieder erwacht und entscheidungsfähig wird.
Eine Meinung, die auch die Verbraucherzentrale Bund im Wesentlichen teilt. Die Patientenverfügung beinhaltet die persönliche Vorstellung des Betroffenen vom Leben und Sterben. Sie soll meist der Situation vorbeugen, dass ein Leiden verlängert wird, ohne dass die Aussicht auf Besserung besteht. Die Frage, was eine gewünschte Besserung ist, beantwortet jedoch jeder Mensch anders. Oft ändert sich diese Vorstellung auch mit dem Lebensalter. So sehen ältere Menschen häufiger ihr Leben als gelebt an und wünschen daher keine Wiederbelebungsmaßnahmen mehr. Bei jüngeren Menschen mit kleinen Kindern sieht das meist anders aus.
Daher sieht jede Patientenverfügung unterschiedlich aus. Bestimmte Inhalte sind jedoch zumeist geregelt. So ist der Patientenverfügung, unabhängig von der derzeitigen Lage, fast immer zu entnehmen, ob jemand beatmet, künstlich ernährt oder sediert werden will. Eine Überarbeitung wegen der Corona-Pandemie ist daher nicht unbedingt erforderlich. Diese Wünsche können aber für verschiedene medizinische Situationen verschieden bestimmt werden.
Unter Umständen Verfügung ändern
Stellt sich im Verlauf einer künstlichen Beatmung allerdings heraus, dass diese Therapie nicht mehr angebracht ist, müssen Ärzte ein neues Therapieziel festlegen. Gibt es für den Patienten aller Wahrscheinlichkeit nach keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins, können Ärzte dann auf Grundlage einer Patientenverfügung über einen Therapieverzicht entscheiden. Hat ein Patient in gesunden Tagen in einer Patientenverfügung festgelegt, in solch einer Situation auf lebensverlängernde intensivmedizinische Maßnahmen zu verzichten, können Ärzte gemeinsam mit seinem Bevollmächtigten oder Betreuer den Patientenwunsch umsetzen, so Finanztest.
Menschen mit einer Patientenverfügung sollten überprüfen, ob sich ihre Meinung zu den medizinischen Maßnahmen aufgrund der aktuellen Lage geändert hat. Lehnt etwa jemand zwar grundsätzlich eine künstliche Beatmung ab, möchte aber im Falle einer Covid-19-Erkrankung, dass die Mediziner alles Erdenkliche tun, sollte er dies so genau in seiner angepassten Patientenverfügung schreiben, rät die Verbraucherzentrale. Wichtig sei, dass die Angaben so konkret wie möglich sind. Wenn möglich, sollte beim Verfassen Rücksprache mit einem Mediziner gehalten werden.
Quelle: ntv.de, awi