Gericht zu langsam Raser darf Führerschein behalten
05.10.2011, 15:15 UhrDie Strafe sollte auf dem Fuße folgen, sonst ist der erzieherische Effekt dahin. Das gilt auch für Verkehrssünder: Ein Führerscheinentzug 20 Monate nach der Tat ist unrechtmäßig, es sei denn, der Autofahrer hat den Prozess selbst verzögert.
Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Die Justiz braucht da meistens etwas länger. Wenn einem Autofahrer aber erst knapp zwei Jahre nach seinem Verkehrsverstoß die Fahrerlaubnis entzogen wird, verstößt das gegen Recht und Gesetz. Das gilt jedenfalls dann, wenn er die späte Verurteilung nicht selbst zu verantworten hat. Das hat das Oberlandesgericht Zweibrücken noch einmal klargestellt, nachdem der Bundesgerichtshof die Frage des verspäteten Führerscheinentzugs schon 2001 geklärt hatte (Az. 1 SsBS 24/11).
Der Kläger war im November 2009 erwischt worden, als er außerhalb geschlossener Ortschaften 41 km/h zu viel auf dem Tacho hatte. Ein Jahr und neun Monate musste der Mann warten, bevor es vor dem zuständigen Amtsgericht Speyer zum Prozess kam. Dort wurde er zu einer Geldbuße von 350 Euro und zu einem Monat Fahrverbot verurteilt.
Letzteres allerdings zu Unrecht, wie die rheinland-pfälzischen Oberlandesrichter jetzt in zweiter Instanz feststellten. Ein Fahrverbot sei ausschließlich als so genannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen. Zweck sei es, sie "vor einem Rückfall zu warnen und ihnen ein Gefühl für den zeitweiligen Ausschluss von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln."
Kein Warn-Effekt mehr
Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion könne das Fahrverbot aber nur erfüllen, wenn es noch in einem angemessenen zeitlichen Abstand zum Verkehrsverstoß stehe, erklärt Rechtsanwältin Alexandra Wimmer. Diese erzieherische Wirkung lässt sich bei einer Tat, die mindestens ein Jahr und neun Monate zurückliegt, nicht mehr entfalten, das hat der Bundesgerichtshof schon vor zehn Jahren festgestellt (Az.: ZfS 2004, 133)
Anhaltspunkte dafür, dass der betroffene Autofahrer das Verfahren in unlauterer Weise verzögert hätte, gab es nicht. Deshalb kommt er zwar nicht um die Geldstrafe herum, seinen Führerschein darf er aber behalten.
Quelle: ntv.de, ino