Ratgeber

Wegen Spott-Gefahr Rollerfahrer braucht keine Schutzkleidung

Wenn Motorradfahrer ohne Schutzkleidung bei einem Unfall verletzt werden, tragen sie eine Mitschuld. Auch auf dem Roller wären Protektoren sinnvoll. Können Versicherungen verlangen, dass man sich auch auf Kleinkrafträdern entsprechend schützt?

Ein Helm muss sein. Mehr Schutz könne man von Rollerfahrern aber innerorts nicht verlangen, so das Gericht.

Ein Helm muss sein. Mehr Schutz könne man von Rollerfahrern aber innerorts nicht verlangen, so das Gericht.

Schwere Stiefel, Jacke und Hose mit Protektoren – für Motorradfahrer ist solche Schutzkleidung zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber Standard. Wer ohne sie in einen Unfall verwickelt wird, haftet in der Regel mit. Von Rollerfahrern kann man so eine Ausrüstung allerdings nicht verlangen, hat das Landgericht Heidelberg entschieden. Ein Rollerfahrer in Motorradkluft würde sich demnach der Lächerlichkeit preisgeben (Az. 2 O 203/13).

In dem Fall ging es um eine "125er"-Maschine mit  einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Der Fahrer war innerorts mit maximal 50 km/h auf einer Vorfahrtsstraße unterwegs, als ihm von einem Auto die Vorfahrt genommen wurde. Er versuchte noch zu bremsen, konnte den Zusammenstoß aber nicht verhindern. Bei dem Unfall trug er unter anderem mehrere Beinbrüche davon.

Kopfverletzungen gab es keine, denn der Verletzte hatte den gesetzlich geforderten Helm auf. Die Versicherung des Unfallverursachers aber meinte, dass der Unfall glimpflicher verlaufen wäre, wenn er die vollständige Motorrad-Schutzkleidung getragen hätte. Daher trage er eine Mitschuld und könne nicht kompletten Schadenersatz fordern.

Das sah das Landgericht anders. Zwar hätten Verkehrsteilnehmer alles Zumutbare zu unternehmen, um die Gefahr für sich möglichst gering zu halten. Auch wenn Schutzmaßnahmen nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, kann demnach ein Mitverschulden vorliegen, wenn sich Verkehrsteilnehmer nicht nach allgemeinen Standards richten. "Dabei geht es aber nicht darum, die maximale Sicherheit einzufordern, sondern einer vernünftigen Verkehrsanschauung zu entsprechen", erklärt Rechtsanwalt Frank Böckhaus von der Deutschen Anwaltshotline.

Eine komplette Schutzmontur für Rollerfahrer fällt nach Ansicht des Richters beim besten Willen nicht darunter, da kein "allgemeines Bewusstsein" für Schutzkleidung bei Motorrollerfahrern vorherrsche. Gleiches gelte etwa für den Fahrradhelm, wie erst kürzlich der Bundesgerichtshof klarstellte. Für hochvolumigere Motorräder hingegen existiere ein solches Bewusstsein. Der Unfall ereignete sich innerorts - ob er also außerorts hätte Protektoren tragen sollen, könne dahinstehen.

Ein Rollerfahrer in Schutzkombi würde außerdem "spöttische Bemerkungen aufgrund seines ungewöhnlichen Kleidungsstils" riskieren, so der Richter. Darüber hinaus würden die Geschwindigkeiten eines Motorrollers mitunter auch von schnellen Rennradlern erreicht. Von ihnen zu verlangen, Protektorenkleidung zu tragen, wäre ebenso undenkbar.

Quelle: ntv.de, ino

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