Illegale Konzertmitschnitte Das Geschäft mit den "Bootlegs"
22.01.2013, 18:30 Uhr
Waren Sie auch schon mal in einem Konzert und dachten hinterher, schön, wenn man sich das noch einmal zu Hause anhören könnte? In diese Marktlücke springen sogenannte "bootlegs", illegale Konzertmitschnitte, die hauptsächlich über das Internet vertrieben werden. Während der Kauf der Mitschnitte rechtlich ohne Folgen bleibt, kann es für Verkäufer richtig teuer werden.
August 1969, das legendäre Woodstock-Konzert auf einem Farmgelände in den USA – der Höhepunkt der US-amerikanischen Hippie-Bewegung. Einer ihrer neuen Ikonen auf der Bühne: Joe Cocker.
Unvergessliche Erlebnisse wie diese sorgten schon damals für ein riesiges Interesse der Fans an Konzert-Mitschnitten. Wünsche, die die Musiker und Platten-Industrie nicht immer befriedigen konnten oder wollten. So entstand das "Bootleg", illegale Schwarzpressungen, die der für Joe Cocker in Deutschland tätige Rechtsanwalt Rüdiger Plegge aus dem Effeff kennt.
Rüdiger Plegge, PGL Rechtsanwälte Ibbenbüren: "Da steht drauf: Joe Cocker USA. Ein Live-Mitschnitt aus Amerika wird suggeriert. Faktisch handelt es sich aber um einen Konzertmitschnitt von 1983 auf der Loreley hier in Deutschland. Was leicht daran zu erkennen ist, dass sich nur dort der Keyboarder mal erkennbar live verspielt hat."
Ein klarer Fall von "Bootleg" also, die der Musikkenner und Fachmann für illegal gebrannte Tonträger im Auftrag von Joe Cocker schon seit vielen Jahren verfolgt.
Rüdiger Plegge, PGL Rechtsanwälte Ibbenbüren: "Unter dem Begriff Bootleg versteht man ein Live-Konzertmitschnitt, der anschließend auf Tonträger illegal vervielfältig wird."
Teure Strafen möglich
Wie teuer der Verkauf dieser illegalen Schwarzpressungen sein kann, hat Musikliebhaber Jörg Wingold aus Bottrop erlebt. Er verkaufte eine Joe Cocker-CD im Internet, die er wenige Jahre zuvor gekauft hatte. Doch die Doppel-CD "Live in Denver" war ein Bootleg.
Und weil Jörg Wingold auf die Abmahnung des Joe-Cocker-Anwalts nicht reagierte, musste er sich vor dem Bochumer Landgericht verantworten.
Jörg Wingold/Musikliebhaber: "Das Ergebnis war, dass ich nach Meinung des Gerichts eine Verletzung des Urheberrechts begangen habe. Mein Anwalt sagt, da ist nix zu machen. Das Ergebnis wird sein, dass mich der ganze Spaß alles zusammen zwischen 2.000 und 3.000 Euro kosten wird."
"Bootlegs" oft schwer zu erkennen
Hier greift der alte Grundsatz: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Auch wenn selbst Fachleute wie der Bottroper Plattenladen-Besitzer Jochen Schneider Schwierigkeiten haben, ein "Bootleg" immer auch sofort zu erkennen.
Jochen Schneider, Schneider‘s LP Shop Bottrop: "Unmöglich. Selbst ich als Insider kann das nicht immer feststellen. Ich kann nicht jede LP nachgucken, wenn mir jmd. eine Sammlung von 100,200 LPs vorbeibringt. Das ist eine Unmöglichkeit."
Gleiches gilt für CDs, auch hier sind manche illegale Konzertmitschnitte gut gemacht: professionelles CD-Cover, gute Tonqualität. Dann hilft nur der Blick auf den Verlag. Oder eine Anfrage an die Fans.
Rüdiger Plegge, PGL Rechtsanwälte Ibbenbüren: "Man kann ja mal im Forum des Künstlers bei Facebook nachfragen, ob die CD dort bekannt ist, ob sie legal oder illegal ist. Wenn dort gesagt wird: Da würde ich lieber die Finger von lassen, hat man die Info, die man braucht."
Während der Käufer eines "Bootleg" keine rechtlichen Folgen fürchten muss, wird es für den Verkäufer richtig teuer, wenn er im großen Stil Schwarzpressungen verkauft. Doch auch das Teilen seiner Musiksammlung im Internet – kurz Filesharing, kann im Fall eines "Bootleg" teuer werden.
Rüdiger Plegge, PGL Rechtsanwälte Ibbenbüren: "Das ist eine öffentliche Zugänglichmachung eines Musikwerkes, und das ist ohne Zustimmung nicht erlaubt. Hier werden Privatleute dann behandelt wie Großhändler. Und kann auch abgemahnt werden und auf Schadensersatz verklagt werden."
So werden die Bootleg-Fälle Rüdiger Plegge auch in Zukunft beschäftigen.
Rüdiger Plegge, PGL Rechtsanwälte Ibbenbüren: "Wenn einer seine private CD-Sammlung verkauft, kriegt er eine Email von mir: Bitte sein lassen, das ist nicht erlaubt. Wenn einer das aber gewerblich tut und er auch ein Lager und ein Lagerbestand hat, von dem will ich vor allem wissen, woher er das bezieht, damit ich die Quelle zukriege."
Jörg Wingold ist beim Verkauf nun vorsichtiger. Ein Plus von drei Euro hatte ihm der Bootleg-Verkauf eingebracht. Ein Gewinn, den er am Ende teuer bezahlen musste…
Quelle: ntv.de