Alles nur geklaut! Die Plagiate-Jäger vom Zoll
19.02.2013, 18:30 Uhr
42 Sicherstellungen am Messestand, 272 beschlagnahmte Plagiate und insgesamt 39.500 Euro an einkassierten Sicherheitsleistungen. So lautet die Bilanz des diesjährigen Zoll-Einsatzes auf der weltweit größten Konsumgütermesse, der ambiente in Frankfurt. Wir haben uns einen Tag lang an die Fersen der Zollbeamten geheftet, auf ihrer Suche nach Fälschern und gefälschter Ware.
Freitag morgen, Messetag Eins, der Kontrollgang von Stefan Pranzas und seinen Kollegen beginnt. Die Zollbeamten sind auf der Suche nach gefälschten Markenprodukten.
Über 4.500 Händler aus 87 Ländern - die ambiente in Frankfurt ist die weltweit wichtigste Konsumgütermesse. Wer hier seine Produkte ausstellt, hofft auf gewinnbringende Kundenkontakte - auch die Fälscher! Doch der deutsche Zoll ist ihnen auf der Spur!
Was ist eine Fälschung?
Doch wann ist ein Produkt eine Fälschung? Welche Hersteller werden besonders oft kopiert? Selbst kleinste Unterschiede zum Original sind entscheidend, um die Plagiatoren zu entlarven. Deshalb wird Zollbeamter Stefan Branzas auf seinem Rundgang von Aliki Busse unterstützt. Die Rechtsanwältin ist im Auftrag von großen Originalherstellern unterwegs und weiß um die schwere ihrer Aufgabe: „Manchmal kommt man sich vor wie Don Quichote beim Kampf gegen die Windmühlen, aber wenn wir nicht nachhalten, wenn wir nicht ununterbrochen gegen Plagiatoren vorgehen würden, dann wären die Originalhersteller komplett schutzlos."
Und direkt die erste Kontrolle an diesem Messetag ist ein Volltreffer. Der Aussteller kommt aus Indien und hat offenbar eine Schüssel des deutschen Herstellers Rösle gefälscht. Ein Markenprodukt, das im Ausland ziemlich beliebt ist, wie Rechtsanwältin Aliki Busse weiß: "Interessant ist, dass sie die German Bowl nennen, weil gerade Inder sehr gerne genau diese Schüssel unheimlich gerne nachmachen und wir seit ungefähr seit 20 Jahren immer wieder diese Schüsseln finden. Wir hatten schon mal Jahre, da haben wir 20 oder 30 Stände abgeräumt damit, das war unglaublich. Mittlerweile reduziert sich das sehr stark und sie versuchen die Schüssel so weit zu ändern, dass sie nicht mehr in die Schutzrechte fällt, aber ein wenig noch daran erinnert."
Nicht so in diesem Fall. Denn Rösle hat das Design der Schüssel, das sogenannte Geschmacksmuster, registrieren lassen. Und mit diesem Schutzrecht können Hersteller eine Nachahmung rechtlich verfolgen. Die Fälscher haben bei der Beweislage keine Chance!
Stefan Pranzas bespricht sich mit der Staatsanwältin. Nicht nur die Schüsseln werden sichergestellt, auch im Katalog muss das Produkt geschwärzt werden. "Also es handelt sich ja hier um einen Ausländer, der eben nicht im Bundesgebiet ansässig ist, so dass wir das Strafverfahren gegen ihn nicht durchführen können. Deswegen wird eine Sicherheitsleistung erhoben, damit die Kosten und die eventuelle Strafe für das Strafverfahren abgedeckt sind und da es sich offensichtlich um einen Ersttäter handelt, werden 500 Euro erhoben." , so Staatsanwältin Monika Hucke-Labus.
Jährlicher Milliardenschaden durch Plagiate
Das Geschäft mit der Produktpiraterie boomt. Experten schätzen den volkswirtschaftlichen Schaden allein in Deutschland auf 30 Milliarden Euro jährlich. Stefan Pranzas hat für mögliche Übeltäter auf der Frankfurter Messe mittlerweile ein Näschen.
Doch nicht immer ist bei Plagiaten die Sachlage zwischen Kläger und Angeklagtem eindeutig. Original oder Kopie!? Einige Fälschungen sind für Laien kaum erkennbar. Rechtsanwältin Aliki Busse prangert die Plagiatoren auf ganz spezielle Art und Weise an. Auch in diesem Jahr verleiht sie auf der Ambiente den Schmähpreis Plagiarius! Der schwarze Zwerg mit der goldenen Nase gilt als Symbol für die Gewinne besonders skrupelloser Kopierer: "Wir wollen die Öffentlichkeit aufmerksam machen, den Verbraucher wachrütteln, dass er an seinem eigenen Ast sägt, an dem er sitzt. 20-70.000 Arbeitsplätze kostet das Plagiattum jährlich alleine in Deutschland. Die Plagiate sind in aller Regel schlechter von der Qualität her, sie haben eine kürzere Lebensdauer. Sie können sogar gefährlich sein, weil sie den vorgegebenen Normen nicht entsprechen."
Der "Fälscherpreis" Plagiarius
Der erste Preis geht in diesem Jahr an die Baubehörde von Katar: Sie hat rund 900 Designer-Straßenlampen in Asien fälschen lassen. Für den Originalhersteller Santa & Cole ein 25 Millionen Euro-Schaden: " Wir haben eine Projekt-Ausschreibung gewonnen und Katar wollte die kompletten Zeichnungen und Kalkulationen bis ins kleinste Detail. Und dann haben sie einfach kopiert. Sie haben alle unsere Unterlagen nach China und in die Türkei geschickt, um die Scheinwerfer und Träger dort bauen zu lassen.", so Javier Nieto Santa von Santa & Cole.
Nicht nur auf der Frankfurter Messe, auch in ganz Europa beschlagnahmt der Zoll vor allem gefälschte Ware aus China. Aber auch Südostasien oder die Türkei sind ganz vorne mit dabei. Doch was passiert eigentlich mit den sichergestellten Fälschungen, wenn das Verfahren gegen die Plagiatoren abgeschlossen ist? Sie werden vernichtet.
Stefan Pranzas und sein Team sind unermüdlich. Zwei Hallen, zahlreichen Kontrollen. Und fast immer haben sie Erfolg. Vom Erst- bis zum Wiederholungstäter, geschwärzten Katalogen und 500 bis 3000 Euro an Sicherheitsleistung - echte Sisyphusarbeit für die Zollbeamten!
Quelle: ntv.de