"Ratgeber Steuern & Recht" vom 06.08.2013 (Wdh. 07.08.) Ihre Rechte beim Fliegen
06.08.2013, 18:30 Uhr
Wer in den Urlaub fliegt, der hofft natürlich, dass sein Flieger pünktlich geht. In der Regel ist das auch der Fall. Trotzdem gibt es immer wieder Streit zwischen Passagieren und Fluggesellschaften, wenn Flüge komplett gestrichen werden oder sich der Anschlussflug buchstäblich in Luft auflöst. Bisher standen Flugreisende in diesen Streit-Fällen oft alleine da. Eine neue Schlichtungsstelle soll hier jedoch Abhilfe schaffen.
Noch gern schaut sich Familie Brigmann aus Potsdam die Fotos vom Italienurlaub aus dem vergangenen Sommer an. Aber das Ende des Urlaubs - dann am Flughafen, das wollen Brigmanns am liebsten vergessen, wie Dirk Brigmann erzählt: "Wir hatten schon die Boardingkarten und standen schon auf dem Gate zur Maschine an so einer Tür. Das mussten wir bereits 30 Minuten warten vor der Maschine. Erst nach 30 Minuten kam die Information: alles zurück."
Was dann folgte war vor allem Warten. Informationen gab es nur spärlich. Also hieß es: Kinder bei Laune halten. Zwischendurch schlafen. Insgesamt sieben Stunden saßen Brigmanns auf dem Flughafen in Nizza fest.
Nur wenige Flugreisende wissen, bis zu 600 Euro Entschädigung sind drin. Aber: Oft reagieren Fluggesellschaften gar nicht auf die Forderungen, oder nur sehr langsam
Kommerzielle Anbieter können helfen
Verbraucherzentralen helfen oder aber kommerzielle Anbieter wie Flightrigth, EUclaim oder auch fairplane. Die Idee: Die Passagiere treten ihren Anspruch auf Entschädigung gegenüber der Fluggesellschaft an einen solchen Anbieter ab. Der holt sich die Entschädigungssumme von der Airline zurück.
Auch Dirk Brigmann hatte sich damals an den Rechner gesetzt. Der Rückflug für die vierköpfige Familie hatte insgesamt rund 300 Euro gekostet. Mit dem sogenannten Entschädigungsrechner war schnell klar, es lohnt sich, dran zu bleiben: "Der Entschädigungsrechner hat ausgeworfen 250 Euro pro Person, 1000 Euro bei vier Personen.", so Dirk Brigmann.
Bei Flighright hat man sich spezialisiert auf Fälle wie den der Brigmanns. In Potsdam haben die Experten Zugriff auf Millionen Wetter- und Flugdaten weltweit. Philipp Kadelbach meint, sind Fälle Höherer Gewalt wie: Schlechtes Wetter, Streiks oder gar Aschewolken ausgeschlossen, stehen die Aussichten auf eine Entschädigung nicht schlecht: "Grundsätzlich bedarf es immer einer verspäteten Ankunft am Endziel, die über zwei Stunden, in der Regel aber über drei Stunden liegen sollte. Das ist erstmal eine Grundprämisse. Dann muss es schon so sein, dass eine Art Verschulden auf Seiten der Airline vorliegt. Ein klassischer Fall wäre der technische Defekt. "
Neue Schlichtungsstelle ab Ende des Jahres
Ab November soll eine Schlichtungsstelle zwischen Fluggesellschaften und Fluggästen vermitteln. Bei Ansprüchen bis 5000 Euro sollen damit vor allem Gerichtskosten vermieden werden.Verbraucherschützer begrüßen das, sind aber auch realistisch: "Mal angenommen, es ist ein 600 Euro Anspruch pro Person vakant und man würde eine Schlichtungsstelle anrufen, dann hat man vergleichsweise geringe Gebühren zu zahlen, muss aber eher damit rechnen, dass man nicht den vollen Anspruch zugesprochen bekommt. Sondern dass man sich mit dem Anbieter einigt und möglicherweise auf die Hälfte oder einen Dreiviertelanspruch wird durchsetzen können.", so Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg.
Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr SÖP gibt es hingegen schon lange. Die vermittelt bislang für Bahn-, Bus, und Schiffsreisende und der einzigen Fluggesellschaft Ryanair. Und Ryanair lässt sich die Kosten der Schlichtung gleich vorab bezahlen und schlägt sie auf die Ticketpreise drauf.
In der Branche geht man davon aus, dass bei der neuen Schlichtungsstelle alle großen Airlines mit an Bord sein werden. Wessen Airline nicht mitmacht, für den ist das Justizministerium zuständig, wie Klaus-Peter Siegloch vom Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft erläutert: "Und zwar ist das dann eine sogenannte behördliche Schlichtung. Das heißt, am Justizministerium gibt es dann eine Stelle, an die sich dann auch die Passagiere wenden können, denn der Grundsatz soll sein, dass egal mit welcher Fluggesellschaft man fliegt, es soll ab Anfang nächsten Jahres eine Schlichtungsstelle geben, an die man sich wenden kann, bevor man dann irgendwann, das wollen wir alle nicht hoffen, mal zu Gericht gehen zu müssen."
Zahlen muss man für Flighright, EUclaim und Co rund 30 Prozent der erhaltenen Entschädigungssumme. Das aber nur im Erfolgsfall.
Die neue Schlichtungsstelle soll für Flugreisende kostenlos sein, und wird im Januar ihre Abriet aufnehmen und sich um Fälle kümmern ab November dieses Jahres. Und sie wird die kommerziellen Anbieter nicht überflüssig machen, ist sich Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg sicher: "Weil die ja letztendlich, wenn Ansprüche berechtigt sind, auch die gerichtliche Durchsetzung in Angriff nehmen, was ja gerade eine Schlichtungsstelle nicht tut. Die Schlichtungsstelle möchte den Anspruch bereinigen, möchte jeder Partei Zugeständnisse machen, so dass man in aller Regel nicht den vollen Anspruch wird durchsetzen können mit einer Schlichtungsstelle.
Brigmanns aus Potsdam haben durch das Einschalten von Flightright 593 Euro Entschädigung bekommen. Geld, das sie für ihren nächsten Urlaub sicher gut gebrauchen können.
Quelle: ntv.de