Schiffe zu Kindergärten Wege zum Kita-Platz
09.07.2013, 18:30 Uhr
Kind, Kegel und Karriere sind in Deutschland bekanntermaßen noch nicht optimal miteinander vereinbar. Um das zu ändern, sollen alle Eltern von unter Dreijährigen ab dem 1. August ihr Kind betreuen lassen können, wenn sie denn wollen. Aber woher die Plätze nehmen? – das fragen sich gerade in den Großstädten viele Eltern. Wir sind dieser Frage am Beispiel der Stadt Köln nachgegangen.
Ein Platz in einer Kindertagesstätte - die Kleinen werden bespaßt, während die Eltern arbeiten - klingt spielend leicht, wenn es genügend Plätze gäbe. Rund eineinhalb Jahre müssen Eltern in Köln und anderen Ballungsräumen im Schnitt auf einen Kitaplatz warten.
Ab dem ersten August sollen alle Kinder bereits ab dem ersten vollendeten Lebensjahr einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz bekommen. Doch bis genügend Platz und Betreuer für alle Ein- bis Dreijährigen vorhanden sind, wird es in großen Städten noch dauern - trotz des rechtlichen Anspruchs.
Wenn das Kind ab August noch keinen Betreuungsplatz hat, können Eltern klagen, wie Familienrechtlerin Carmen Grebe erläutert: "Es sind die ersten klagewilligen Eltern bei mir tatsächlich in der Beratung gewesen, die so verzweifelt sind, dass sie sagen, uns fällt nichts mehr ein, wie werden abgewiesen vom Jugendamt, wir bekommen keine klaren Auskünfte und da liegt der Klageauftrag bereits auf meinem Schreibtisch, wenn sich bis dahin nicht noch eine Möglichkeit ergeben sollte für diese Eltern."
Aktiv werden ist bestimmt wirksamer als warten, meint auch Sandra Geib von der Initiative "Mehr Kitas": "Ich kann nur allen Eltern empfehlen, auf jeden Fall zu klagen, auch denen, die eine private Kindertagesstätte in Anspruch nehmen und einen privaten Satz draufzahlen müssen, dass sie den einklagen."
Eltern können klagen
Die Klage muss bei einem Verwaltungsgericht gestellt werden. Das Verfahren kann allerdings mehrere Jahre dauern: „Das heißt also in den besonderen Fällen, wenn Eile geboten ist, rate ich dazu, ein Eilverfahren anzustrengen, im nächsten Schritt muss dann überlegt werden, wie sind die Kosten entsprechend abzudecken. Hab ich keine Rechtsschutzversicherung, kann mir aber die Prozesskosten nicht erlauben, besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Im schlimmsten Fall muss ich mit Kosten von ca. 500 – 1.000 Euro rechnen.", so Carmen Grebe.
Trotz des Rechtsanspruchs gibt es nur einen Platz, wenn auch einer frei ist. Und: Der Richter kann die Klage auch abweisen: "Zum Beispiel möchte ich gerne, dass das Kind an 30 Stunden in der Woche zu verschiedenen Zeiten betreut wird und der Richter kommt zu der Auffassung, dass das nicht umsetzbar ist oder vielleicht dem Kindeswohl nicht entspricht, wenn ich mir etwas ganz exotisches ausgesucht habe, dann kann das dazu führen, dass meine Klage abgewiesen wird.", erklärt Carmen Grebe.
Neue Kita-Lösungen
Langfristig müssen jedoch neue Lösungen gegen die Kita-Not gefunden werden. So hat sich das Kölner Architekturbüro Baubox zusammen mit dem Designer Claas Rheinardt überlegt, Frachtschiffe zu Kitas umzubauen: "Das Spannende an der Idee ist, dass es auch auf ganz viele Städte übertragbar ist, die das gleiche Problem haben. Wir haben auch die Information von diversen Investoren, die genau dieses Problem haben, nämlich investieren zu wollen aber kein Bauland zu finden und nicht nur hier in Köln, sondern auch in anderen Städten, Bremen, Frankfurt, München, überall, es gibt großen Bedarf. Auch dort sind Wasserstraßen vorhanden. Das Prinzip ist einfach übertragbar.", erklärt Jutta Hemming vom Architekturbüro Baubox. Auf dem Kita-Schiff hätten 60 - 80 Kinder Platz, sagen die Architekten.
Nur eine von vielen neuen Lösungen, die künftig nötig sein werden, um den neuen Rechtsanspruch erfüllen zu können.
Quelle: ntv.de